Jörg Restorff
Richard Deacon
Museen Haus Lange und Haus Esters, Krefeld,12.5. – 14.7.1991
Die jüngsten, außerordentlich heterogenen Arbeiten des britischen Bildhauers Richard Deacon rekapitulieren verschiedene, ja divergente Grundbegriffe der modernen Plastik: Manche Werke Deacons folgen dem Konzept der offenen Form einer auf das Massenvolumen verzichtenden “linearen” Skulptur, andere Arbeiten dagegen sind der konträren Auffassung einer geschlossenen Plastik von lückenloser Konsistenz verpflichtet. Doch was in der stets zu Polarisierungen neigenden Beschreibung von Kunst als Widerspruch erscheint, ist im Ouvre des 1949 geborenen Deacon, in Krefeld repräsentiert durch 13 monumentale Skulpturen und 6 Glasbilder, vollkommen stimmig. Dabei entspricht der skulpturalen Polymorphie in Deacons aktuellem Schaffen die Verwendung verschiedenster Werkstoffe, sei es Holz, seien es Metalle wie Aluminium, Kupfer und Stahl oder Kunststoffe wie das lichtdurchsichtige PVC und Polyesterharz.
Die Deacon-Schau hält eigenartig die Balance zwischen einer Darbietung von autonomen Exponaten und einer architekturspezifischen Installation. Tatsächlich ist sie weder das eine noch das andere, sondern irgendetwas dazwischen und damit das anschauliche Äquivalent eines Künstlers, der, wiewohl seine Skulpturen überaus präzise Hervorbringungen sind, exakte begriffliche Festlegungen scheut. Auf den Genius loci der beiden Mies-van-der-Rohe-Häuser Lange und Esters reagiert Richard Deacon, indem er sie unterschiedlich bespielt. So gewinnt die Präsentation in Haus Lange den Anschein einer ortsgebundenen Installation vor allem dadurch, daß die gartenseitigen großen Erdgeschoßfenster des Baus von Deacon zum Bildträger umfunktioniert und damit in das Ensemble miteinbezogen wurden. Im Inneren ist vor jedem Fenster eine milchig-transparente Kunststoffplatte angebracht, auf die der Brite abstrakte Formen mit bewegtem Umriß und einer Binnenstruktur aus unzähligen, vital wirbelnden Kreissegmenten zeichnete….