Heinz-Norbert Jocks
Richard Artschwager
Retrospektive, Werke 1962-1988
Kunsthalle, 30.9.-12.11.1989
Obwohl in den wichtigsten Ausstellungen vertreten, die im Focus allgemeinen Interesses standen, spielte der 1923 in Washingten geborene Maler und Plastiker Richard Artschwager eher Nebenrollen auf der Großbühne innovativer Kunst, als kundiger Gedankenspieler der Illusion, als gewiefter Meister sperriger Ästhetik, der bis heute einer präzisen, knappen, scharf umrissenen Formsprache mit Dauerhang zur spielerisch-ironisch gehandhabter Farbigkeit den Vorzug gibt. Die Düsseldorfer, vom Whitney Museum übernommene Retrospektive mit ihren Bildern, Skulpturen und Zeichnungen – es ist die einzige Station in Deutschland – lenkt im fortgeschrittenen Zeitalter technischer Reproduzierbarkeit den Blick vor allem auf die permanente Beschäftigung mit dem Problemfeld stereotyper Wahrnehmung, auf die sinnlichen wie verspielten Aspekte im Werk Artschwagers. In dem erstaunlichen Reservoir seiner bildnerischen Phantasie, die einer aus einer Entwicklungslogik gewonnenen Chronologie zu folgen scheint, herrscht weder die Suche nach bestimmten Kristallisationen des künstlerischen Zeitgeistes noch ein vehementer Abgrenzungswille. Ihm, der sich immer wieder bemühte, seinen Ansichten in geistreichen Erläuterungen Ausdruck und Gewicht zu verschaffen, ist alles Doktrinäre fremd. Indem er sich witzig und intelligent wie kaum einer neben ihm an aktuellen Kunstrichtungen vorbeistahl und wie beim Wettlauf zwischen Hase und Igel beharrlich dort zu sein pflegt, wo Etiketten nicht mehr greifen, bezeugt er sein konstantes Außenseitertum.
Im Elternhaus ist Richard Artschwager über seine Mutter, eine begabte Hobbymalerin, mit dem, was Kunst ausmacht, in Berührung gekommen. Dort galt Kunst als gesunde Ablenkung, als passable Beschäftigung, aber nur für Frauen und Kinder. Zwar war die künstlerische Neigung früh zum Ausdruck gekommen, aber die Lust an den…