HONKE RAMBOW
Rhythmus, Zeit, Stille
Das Nachdenken über Musik und Zeit führt zunächst einmal zu Überlegungen hinsichtlich historischer Zeit. Die Frage der Epochengrenze scheint auf, die gerade in bezug auf die Moderne relevant ist. Oder die Dauer rückt in den Mittelpunkt. Die sekundengenauen Angaben auf dem CD-Cover, die Viertelstunde, die Barenboim für die Götterdämmerung länger braucht, als andere Dirigenten. Oder vielleicht gerät man an die Frage nach Tempi, wie Gielen und Zehetmeier am Beispiel von Beethoven. Doch all diese Fragen bleiben nur an der Oberfläche des Problems, denn im Verlauf dieses Jahrhunderts sind von Komponistenseite ganz andere Fragen an die Beziehung zwischen Musik und Zeit gestellt worden, die gegen Ende in den Neunzigern noch einmal eine zentrale Rolle einnehmen.
In siebzig Jahren ans Ende der Zeit
Die Musik dieses Jahrhunderts hat mit zahlreichen scheinbar unangreifbaren Traditionen aufgeräumt. Beinahe manisch wurde versucht, musikalische Tabus zu brechen; nur dass Musik als Abfolge akustischer Ereignisse in der Zeit existiert, war nicht wegzudiskutieren und schon gar nicht zu umgehen. Die Erkenntnis aber, dass die Genauigkeit des Metronoms nicht alles ist, öffnete den Weg zu Experimenten mit der musikalischen Zeit, die möglicherweise eine ganz andere ist, als die Echtzeit.
Das Bewusstsein für die musikalische Zeit entstand Anfang dieses Jahrhunderts zunächst durch eine andere Entwicklung: Mit dem Fall musikalischer Konventionen wie Tonalität, Formenlehre und Instrumentationslehre, kam auch die Entdeckung des Geräuschs als dem Ton gleichberechtigtes musikalisches Element.
Bis zum Anfang dieses Jahrhunderts fristete das Geräusch ein Schattendasein als purer Effekt, als illustratives Beiwerk, das mit seinem stark assoziativen, erzählerischen Charakter nicht…