Renate Bertlmann
Ich werde weitermachen
ein Gespräch mit Heinz Schütz
Bereits Ende der Sechzigerjahre setzt sich Renate Bertlmann mit einer Serie inszenierter Selbstporträts mit der eigenen Identität und genderspezifischen Rollen auseinander. Mit Blick auf die patriarchalisch dominierte Gesellschaft und deren Gewaltpotenzial radikalisiert sie die Gender-Frage in den Siebzigerjahren. Bertlmann engagiert sich in der Frauenbewegung und unterminiert in ihrer Kunst mit phallischen Objekten und seriellen Schnullerhäuten, mit Installationen, Performances und Fotoinszenierungen die bestehenden Machtstrukturen und Körpervorstellungen. Ihre Kunst provoziert mit dem Mittel der Ironie und definiert Topoi wie Sexualität und Körper, Religion und Sterben – sie spielen in der männlich dominierten Wiener Tradition eine bedeutende Rolle – aus ihrer Perspektive neu. Dem Cartesianischen „Cogito ergo sum“ (Ich denke, also bin ich) setzt sie den Leitsatz „Amo ergo sum“ (Ich liebe, also bin ich) entgegen. In den letzten Jahren vollzog sich eine Neu- und Wiederentdeckung von Bertlmanns Kunst. Auf Einladung der Biennale- Kuratorin Felicitas Thun-Hohenstein wird sie nächstes Jahr mit der ersten Einzelausstellung einer Künstlerin den österreichischen Pavillon in Venedig bespielen.
Heinz Schütz: In den Siebziger- und Achtzigerjahren wurden Sie nicht nur in Wien, sondern auch international wahrgenommen. Dann wurde es eher ruhig um Sie. In den letzten Jahren nun ist die Ihrer Arbeit entgegengebrachte Aufmerksamkeit, ständig und zunehmend gewachsen. Gibt es eine Erklärung dafür?
Renate Bertlmann: Ich schaue eher staunend zu und genieße es natürlich, nicht zuletzt, weil ich jetzt plötzlich Arbeiten ausstellen kann, bei denen ich fast schon die Hoffnung verloren habe, sie jemals herzeigen zu können. Dafür, dass es jetzt…