Annelie Pohlen
Rémy Zaugg
»Eine Frage der Wahrnehmung«
Museum für Gegenwartskunst, Siegen, 1.11.2015 – 6.3.2016
Kaum zu glauben: Es ist die erste große Retrospektive des international renommierten Konzeptkünstlers nach seinem Tod in 2005. Die fällt im Museum für Gegenwartskunst in Siegen, von wo sie nach Madrid ins Museo Reina Sofia wandert, dafür umso beeindruckender aus. Wer hätte die im Titel verdichtete Floskel „Eine Frage der Wahrnehmung“ nicht schon genutzt, um sich drohendem Streit bei festgefahrenen Standpunkten zu welcher Frage auch immer zu entziehen? Angesichts der hier ausgebreiteten Werke aus 40 Schaffensjahren mag man noch weniger glauben, dass die Wahrnehmung der immer gleichen Frage, eben jener der Wahrnehmung, sich zu einer derart nicht nur intellektuell erregenden Selbstwahrnehmung steigern kann. Und das schlicht und einfach vor nichts weiter als Worten und Texten an Wänden und wenigen Architekturprojekten im Raum.
Wollte man sich in Siegen die Mühe machen, diese durchzuzählen, man würde schlicht in einen Wahrnehmungstaumel verfallen. Dass ohnehin niemand auf eine so absurde Strategie verfallen wird, sei dahingestellt. Und doch, warum eigentlich nicht?
So jedenfalls gestaltet sich das ebenso aussichtslose wie erregende Entziffern eines Schlüsselwerkes aus Rémy Zauggs Studienanfängen. 27 Versuche auf Papier, um sich einem Werk von Paul Cézanne zu nähern – fünf Jahre lang, von 1963 bis 1968, penibel betitelt und durchnummeriert mit – eben – „27 perspektive Skizzen eines Bildes“. Was den Augenschein des Studienobjektes angeht, ein nicht allzu spektakuläres Werk, allein des Titels wegen provokant: „La maison du pendu“, Anvers 1872/73. In Siegen ist es in einer Vitrine präsent: als Bild in…