Ronald Berg
Rembrandt Bugatti
»Die Wiederentdeckung des Tierbildhauers«
Alte Nationalgalerie, Berlin, 28.3. – 27.07.2014
Es war eine genialische Idee diese Ausstellung nicht isoliert in weißen Wänden stattfinden zu lassen, sondern inmitten der Werke der Alten Nationalgalerie. Das ermöglicht gleich zu Beginn des Rundgangs einen fulminanten Paukenschlag: hier der weiße Marmor – dort die schwarz patinierte Bronze, hier der idealisierte Mensch – dort das liebeswerte Tier, hier die klassizistische Schule des frühen 19. Jahrhunderts à la Canova, Schadow und Rauch – und dort ein spätimpressionistischer Einzelgänger namens Rembrandt Bugatti.
Seit seinem frühen Tod 1916 war der Tierbildhauer weitgehend in Vergessenheit geraten. Völlig zu Unrecht, wie seine erste große Retrospektive überhaupt jetzt zeigt. Philipp Demandt, Leiter der Alten Nationalgalerie, und Anke Daemgen haben die Schau mit rund 100 Werken auf den drei Etagen des Museum organisiert. So ergeben sich mancherlei Vergleichmöglichkeiten zu den Tierdarstellungen auf den Gemälden des ganzen 19. Jahrhunderts.
Rembrandt Bugatti steht kunsthistorisch gesehen gleichsam auf der Schwelle zur Moderne, ohne sie letztlich zu überschreiten. Er abstrahiert nicht und er stilisiert auch nur selten. Vielmehr geht es ihm mit seinen Tierdarstellungen um das Wesentliche im Individuellen. Gestalt, Haltung und Bewegung sind so auf den Punkt gebracht – das aufgerissene Riesenmaul des Nilspferd, die stakig gespreizten Beine der Giraffe, der schleichend-kraftvolle Gang des Panthers – als hätte ein fotografischer Schnappschuss gerade jenen glücklichen Moment erwischt, wo aus der zufälligen Impression ein wesensmäßig gültiger Ausdruck wird.
Bugattis „Grasendes Nilpferd“, mittels Metallplattform auf Augenhöhe aufgestelzt, steht nun in Berlin der Kronprinzessin Luise nebst Schwester oder einer geflügelten Viktoria…