Jürgen Raap
Religiöse Kunst
Galerie und Edition Hundertmark, Köln, 6.9. – 31.10.1991
Milan Knizak ließ Trivialromane zu einem “Neuen Testament” zusammenbinden, äußerlich wie eine Bibel mit Goldprägung auf dem Buchdeckel anzusehen (1989). Jan Knap verlegte mit cartoonistischen Mitteln das Motiv der Heiligen Familie in die heutige Zeit, und da hat das Jesuskind eine Modelleisenbahn zum Spielen (1983). Zum Abendmahl gibt es Partyteller aus Pappe, die Bernhard Johannes Blume mit dem Wort “Gott” in Frakturschrift bedruckte: eine Typographie, mit der sich früher kirchliche und staatliche Autorität manifestierte. Seit 1968 hat Blume auf Bildern, Drucken und Objekten diesen Schriftzug mehrfach variiert. Die Assoziation des zornigen Gottvaters aus dem Alten Testament ist beabsichtigt, aber der religionsimmanente Anspruch auf Ehrfurcht und Distanz scheint nicht aufgehoben zu sein: Was als formalästhetische Vereinfachung bzw. Banalisierung wirkt, erweist sich tatsächlich als theologischer Standpunkt: Der Gottesbegriff ist nicht faßbar, nicht anders darstellbar als durch bloße wörtliche Bezeichnung, die bildlich nur in Lettern umgesetzt werden kann mit sehr niedrigem Grad an Konkretheit. Blume begeht somit nicht den Frevel, gegen das Gebot “Du sollst dir kein Abbild von deinem Gott machen” zu verstoßen.
Die Exponate der Ausstellung “Religiöse Kunst” stammen ausschließlich aus Hundertmarks Galerieinventar und aus seinem privaten Kunstbesitz: Sie wurden nicht gezielt zusammengetragen. “Irgendwann war ich erstaunt, wie sich bei diesen Künstlern eine religiöse Thematik über Jahre hinweg als roter Faden durch das Gesamtwerk zieht und was sich mehr oder weniger zufällig bei mir angesammelt hatte.” Manches mag für konservative praktizierende Christen wohl blasphemisch und provokativ sein, und immerhin findet die Ausstellung…