Relektüren
Rainer Metzger
Folge 3
Um das Jahr 1978 vollzogen die Heroen einer frühen, konzeptuell unterfütterten Körperkunst in erstaunlicher Parallelität eine Wendung in ihrem Oeuvre. Hatten sie bis dahin Filme gedreht, Performances veranstaltet und Installationen inszeniert, in denen Zustände der Beklemmung, des Ausgesetztseins, der Quarantäne und Isolation auf durchaus drastische Weise beschworen und bewirkt worden waren, rückten sie nun in die Distanz einer Auseinandersetzung mit Architektur.
Bruce Nauman hatte seine eigene Anatomie vermessen, hatte klaustrophobische Korridore ersonnen und darin auch noch die Rückkopplung mit dem Closed Circuit einer Video-Anlage probiert. Nun entstanden Figurationen aus Glasfiber, röhrenartige Konstruktionen, deren Bezug zum Bauen allein dadurch offenkundig war, dass sie mit “Model” betitelt waren.
Vito Acconci hatte mit konkreter Poesie begonnen, war dann aber bald seinerseits auf das Prinzip räumlicher Enge gestoßen, hatte Performance-artige Aufenthalte in Gängen und unter Treppen verlebt und einen “Double Steel Cage” entwickelt, in dem man die Erfahrungen des Künstler nachvollziehen und eigenen Schockwirkungen des Eingesperrtseins frönen konnte. Ab etwa 1978 denkt Acconci dagegen über Platzgestaltungen und Parkanlagen nach.
Dan Graham schließlich, der orthodoxeste Conceptual Artist unter ihnen, der mit Zeitschriftenarbeiten begonnen hatte, war auch der strengste, was die Konzeption psychischer Ausnahmezustände anbelangt. Arbeiten wie “Present-Constinous- Past(s)” leiteten den Besucher in eine Spiegelzelle, die zugleich mit einer Überwachungskamera samt angeschlossenem Monitor ausgestattet war; man war einer Situation umfassender Kontrolle ausgesetzt, einem Regiment der Blicke, das sich aus der Permanenz der Selbst- und Fremdbeobachtung ergab, in denen der Spiegel, der Monitor, der eventuell anwesende Mit-Besucher einander als Instanzen des Panoptischen unterstützten. Seit den späten Siebzigern…