Rainer Metzger
Relektüren
Folge 18
Genau in der Mitte seines Buches, auf Seite 209, kommt Umberto Eco auf Alain Robbe-Grillet zu sprechen. Der Großmeister des Nouveau Roman und seiner gelinden Unleserlichkeit hatte, so wird berichtet, im Jahr 1961 einen Flugzeugunfall, über den er anschließend einem Journalisten Auskunft gab. “Noch stark unter dem Eindruck des Erlebten” sei Robbe-Grillets Darstellung höchst mitreissend ausgefallen. Sie hatte, so Eco, “ganz das Aussehen einer traditionellen Erzählung, war also aristotelisch, balzacisch wenn man will, spannungsgeladen, emotionell, voll subjektivem Anteil, hatte einen Höhepunkt, einen angemessenen Schluß” Sie hatte all das, was die Romane Robbe-Grillets, die sich peinlich um das mittlere Mileu einer blasierten Unbeteiligheit bemühen, nicht hatten.
Der Nouveau Roman durfte wie keine zweite Form künstlerischer Artikulation die Veränderungen auf den Weg bringen, die die Sechziger prägen werden, er hatte die Low Culture-Attitüden des Pop angestoßen und die Raum-Zeit-Überlegungen von Minimal. Ecos “offenes Kunstwerk”, in erster Auflage 1962 erschienen, in zweiter, ergänzter, 1967, macht sich seinerseits einen Reim darauf. Das Buch bearbeitet den ästhetischen Status Quo der Zeit um 1960, indem es nach den Möglichkeiten fragt, die der Avantgarde der Nachkriegszeit und ihren Schwerverdaulichkeiten in der neuen Lage bleiben. Es ist selbst ein Teil der neuen Lage, indem sie auf Proto-Pop macht und Dinge untersucht, die bis dato nicht zum Kanon gehörten, Live-Sendungen im Fernsehen etwa. Und es umkreist jene alte, ewig neue Dimension, die verhindert, dass das Werk übers Werk nicht in der Antiquiertheit versandet. Ecos Buch fragt also nach den Chancen und Avancen des Prinzips Intention.
Natürlich ist Eco…