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Relektüren · von Rainer Metzger · S. 314 - 315
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Folge 83

Dass die Hitlerei ein „Fliegenschiss“ in der deutschen Geschichte gewesen wäre, wie es einer ihrer Anführer nannte, beherzigt am allerwenigsten die AFD. Ganz ungeniert hat die Kaderpartei des Rechtsextremismus jetzt im Osten Wahlkampf mit der Idee einer „Remigration“ geführt. Das lässt doch deutlich die Nazis wieder aufleben. Im Sommer 1938 hatte es eine Konferenz im französischen Evian gegeben, auf der beraten wurde, wie welche Staaten dem mehr und mehr bedrohten deutschen Judentum Hilfe leisten und also als Aufnahmeländer fungieren könnten. Die Unterredung wurde zum Fiasko. „Keiner will sie haben“ titelte euphorisch der Völkische Beobachter, das Organ der NSDAP. Doch was für den Antisemitismus ein Triumph sein sollte, stellte sich schnell als Problem heraus. Das Loswerden vulgo die Deportation, und nichts anderes sollte diese Remigration sein, musste anderweitig bewerkstelligt werden. Erst kam man auf den absurden Plan einer Aussiedlung auf Madagaskar, dann kam man auf die Ghettoisierung im Osten und schließlich kam man auf die Endlösung. 1938 war davon noch keine Rede, doch im Lauf der nächsten fünf Jahre würden sich die Absichten und die ihnen folgenden Aktionen beherzt radikalisieren. Wenn die AFD in der Rasanz ihrer eigenen Radikalisierung so weitermacht, kann man sich vorstellen, wie sie das mit der Remigration ihrer genuinen Lösung zuführt. Gesetzt, man lässt sie.

Im Herbst 1938, nachdem die Reichspogromnacht demonstriert hatte, wozu man zwischen Maas und Memel bereit war, begann ein spezielles Programm, das eine gewisse Hilfestellung vorsah. Man brachte die „Kindertransporte“ auf den Weg, ca. 20.000 junge Menschen wurden von westeuropäischen Staaten aufgenommen, bis…

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