Peter Frank
Rekonstruktivismus –
Neomoderne Abstraktion in den Vereinigten Staaten
Mit einer kleinen, aber provokanten Ausstellung über zeitgenössische Architekturprojekte, die letztes Jahr im Museum of Modern Art in New York zu sehen war, erregte Philip Johnson wieder einmal die Aufmerksamkeit der amerikanischen Architekturszene. Kein einziger der ausgestellten Architekten oder Architektengruppen war unbekannt, und zumindest einige waren bereits zuvor in anderen theoretischen oder kritischen Ausstellungen oder Artikeln zusammen präsentiert worden. Was die Architekten und ihr Publikum in Aufregung versetzte – und nicht zuletzt auch eine Reihe der Teilnehmer selbst aus der Fassung brachte -, waren nicht die Arbeiten selbst, sondern deren Präsentation durch Philip Johnson. Und Johnson hat diese Kritik voll verdient. Die von ihm getroffene Auswahl war zwar in jeder Hinsicht nachvollziehbar – Frank Gehry, Zaha Hadid, Daniel Libeskind, Coop Himmelblau, SITE und alle anderen Teilnehmer an dieser Ausstellung gehören tatsächlich nachweisbar zusammen. Allerdings hat Johnson den Künstlern ein völlig mißglücktes Aushängeschild verpaßt, das diese in keinster Weise verdient haben: “Dekonstruktivismus”.
Ein Prolog über die Kunst- und Architekturkonzepte des russischen Konstruktivismus bildet den Ausgangspunkt für diese Ausstellung über die “Dekonstruktivistische Architektur”, wobei klargestellt ist, was Johnson unter dem Begriff “Dekonstruktivismus” versteht. Aber dieser Ausdruck – eine Wortschöpfung aus den Bestandteilen “Konstruktivismus” und der französischen Philosophie der “Dekonstruktion”, die zur Zeit gerade en vogue ist – entbehrt nicht nur jedweder Bedeutung, er ist schlicht und einfach irreführend. Damit wird ein negativer, sogar nihilistischer Ikonoklasmus konnotiert, eine Art destruktiver Impuls. Zwar trifft es zu, daß die ausgestellten Architekten den historischen und zeitgenössischen Modellen oft mit…