Renate Puvogel
Reiner Ruthenbeck
»sörgeln – Geräuscharbeit«
Fuhrwerkswaage, Köln, Oktober 1999 – Januar 2000
Reiner Ruthenbeck betont ausdrücklich, dass es sich bei seiner Arbeit für den Raum der Fuhrwerkswaage nicht um eine Fotoarbeit handelt. Und dabei sieht sich der eintretende Besucher doch unmittelbar einer überdimensional großen Farbfotografie zweier Buben gegenüber. Die annähernd gleichaltrigen Knaben sitzen nebeneinander vor einer weiß getünchten Backsteinmauer und sind emsig dabei, mit ihren Strohhalmen den Rest Limonade aus schlichten Wassergläsern zu schlürfen. Und erstaunlich: kaum hat man sich mit der Darstellung vertraut gemacht, klingt es in den Ohren, kippt das Sehen um in ein Hören. Man meint zu vernehmen, wie die Knaben die Limonade vom Grund des Glases aufsaugen und das wenige Nass pustend mit Blasen anreichern. ,Sörgeln’ nennt man im Niederrheinischen dieses bei Kindern so beliebte Spiel, das nicht nur Spaß macht, sondern mit dem sich der Genuss des erfrischenden Getränks noch hinauszögern lässt. Allein schon mit dem Titel, diesem lautmalerischen Verb ‘sörgeln’ legt Ruthenbeck nahe, dass dem farbigen Bild an der Wand die Idee zu Grunde liegt, ein ganz spezifisches Geräusch einzufangen und wahrnehmbar zu machen.
So stellt sich der synästhetische Effekt denn tatsächlich ein: ist die hohe, leere Halle bereits an sich schon hellhörig, so gesellt sich nun zu der räumlichen Einstimmung beim Besucher angesichts des Bildeindrucks unwillkürlich die Erinnerung an den blubbernden und auch trockenen, scharf pfeifenden Klang, den das Sörgeln verursacht; aber etwa vergleichbar dem bekannten, ungleich lästigeren Geräusch des Bohrers beim Zahnarzt, das sich im inneren Ohr bis zum Trommeln eines Presslufthammers steigern…