Manfred Riedel:
Rehabilitierung des Naturschönen
Ein Interview mit Florian Rötzer
Manfred Riedel lehrt Philosophie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Das Gespräch mit ihm war vorgesehen für den Band 1OO mit dem Thema “Kunst und Philosophie”, mußte aber aus Platzgründen verschoben werden. Riedel hat sich bislang vor allem mit der praktischen Philosophie beschäftigt, die in Konkurrenz zur theoretischen Vernunft steht, also zum Anspruch der Wissenschaften und ihrer Methoden auf Erklärung der Wirklichkeit. Mit der Einsicht, daß wir heute in einer gefährdeten Kultur leben, die im “Zusammenspiel von Wissenschaft und ‘großer Politik'” die Möglichkeit der faktischen Weltvernichtung freigesetzt hat, geht es Riedel um die Entwicklung eines “Sinns für das Tunliche”, der ein anderes Verständnis des Verhältnisses von Mensch und Natur als das der Naturwissenschaften erfordert. Philosophie übernimmt wieder die Aufgabe, mit ihren Mitteln Formen der Weltorientierung auszuarbeiten, was sie aber nur kann, wenn sie die vergegenständlichte Ontologie, wie sie erstmals durch Parmenides formuliert wurde, aufbricht und durch die Einbeziehung der Zeit die Dimension der Geschichte in Gesellschaft und Natur für den Vernunftbegriff zur Ausgangsbasis macht. Weil Lebensformen nicht begründet und auf ein Letztes wie in der klassischen Metaphysik zurückgeführt werden können, müssen sie von innen heraus, im Vollzug eines Sich-Verhaltens zur Welt verstanden werden. Dadurch mußte die bislang auf Probleme des interpersonalen Handelns und einer kommunikativen Vernunft auf dem Hintergrund der Hermeneutik beschränkte Ethik im Hinblick auf Konturen einer Naturphilosophie überschritten werden, die es ermöglicht, das Politische mit dem Verhalten zur Natur und ihrer Deutung zu verbinden. Im Zuge dieser durch Heidegger eröffneten Hermeneutik des…