Thomas Wulffen
Reflexion der Inflation
Zu den Arbeiten von Pietro Sanguinetti
Die Rede von einer visuellen Kultur ist verführerisch. Sie ist das um so mehr, weil die plakative Umwelt der Beweis dafür zu sein scheint. Zu dieser plakativen Welt gehören auch die elektronischen Medien, die als weiterer Beleg dienen könnten. Aber wie bei allen Schlagworten ist die Wahrheit nicht so eindeutig, wie sie gewünscht wird. Der Begriff einer visuellen Kultur legt nahe, dass dem Bild eine dominante Rolle zukommt.
Das Bild zeigt etwas. Sprache sagt etwas. In dieser Gegenüberstellung wird eine Bestimmung des Bildhaften vorgenommen, die den komplexen Diskussionen um den Begriff des ‘Bildes’ ausweichen möchte. Aber in der bekannten Phrase ‘Ein Bild sagt mehr als tausend Worte’ wird die Opposition schon verunklärt. Gern wird anerkannt, dass uns ein Bild etwas sagt. Weniger bewusst ist uns allerdings die Tatsache, dass Sprache auch etwas zeigen kann. Und sie tut dies in einem doppelten Sinne. Das Bild ist zum größten Teil Abbild: Was wir als Bild sehen, wird sozusagen zeitgleich in ein Abbild übersetzt.1 Zeigt Sprache uns etwas, dann wird dieses Verhältnis zweideutig. Denn wir lesen und übersetzen erst dann das Gelesene in ein Bild. Dieser Schritt aber ist abhängig vom medialen Träger. Über Werbung und Musikvideos haben wir einen Umgang mit Worten gelernt, der ihren Bildcharakter deutlich werden lässt. Unterstützend ist dabei eine spezifische Typographie und, im Falle der Musikvideos, eine Verzeitlichung der Wörter.
Im Jahr 1982 begann ein Film von Michael Snow mit folgenden Wörtern: “Das ist der Titel dieses Films. Der übrige Film…