Rede zur Schöpfung
Thomas Huber
geb. 1955
in Düsseldorf
Wir fahren auf das Gebirge zu. Das Gelände rundumher ist flach, eben. Im rechten Winkel zu unserer aufrechten Haltung breitet sich um uns herum die Landschaft aus, führt unter unseren Füßen hinweg, weit weg, bis dorthin, wo für unsere Augen am Horizont die Fläche, auf der wir stehen, die Erde, mit dem Himmel sich trifft. Hier im Flachland, im Norden der Alpen, treten wir das, was wir sehen, unsere Bilder, mit Füßen.
In der Bewegung auf das Gebirge zu rückt die Landschaft näher an uns heran. Je mehr wir auf die Berge zukommen, desto enger wird es. Als führe man in einen Trichter. Zur Seite steigen die Berge höher und höher. Man atmet kürzer und schneller. Und dann steht vor uns hoch und groß dunkel die Wand des Gebirges. Aufrecht wie wir tritt uns die Landschaft entgegen. Wir sind im Gegenüber der Erde, angesicht in angesicht mit der unentwegten Nähe der Berge.
So hat hier die Idee der Bilder begonnen. Unserer aufrechten Haltung als aufrechtes Gegenüber ein Gemäßes: Ein Bild von uns also.
Am Gebirge beginnt die Steigung. Über enge Kehren führt es nach oben. Der Einstieg ins Bild hat begonnen. Die Luft wird dünner. Die Ohren schließen sich. Ist der Bergsattel erreicht, steht dort das Hospiz als das hausgewordene Unterwegs. An der Schwelle zwischen Herkommen und Weitergehen bedeutet das Haus den höchsten Punkt, den Scheitel des Passes. Hoch oben im ewigen Schnee, an der Klimascheide zwischen Nord und Süd sind wir an der Schwelle…