München
Rebecca Horn
Haus der Kunst 26.04.– 13.10.2024
von Jolanda Drexler
Diese beglückende Ausstellung, die das sechs Jahrzehnte umfassende Lebenswerk der achtzigjährigen Jubilarin Rebecca Horn feiert, behauptet sich spielend in der inhuman überdimensionierten Architektur des einstigen Kunsttempels der Nationalsozialisten. Die herausragende, mit höchsten Ehren ausgezeichnete Künstlerin, die als Gastdozentin in Kalifornien und als Multimedia-Professorin viele Jahre in Berlin tätig war, wird hier in der gesamten Bandbreite ihres transmedialen, performativ geprägten Schaffens gezeigt: „von den ersten Papierarbeiten in den 1960er-Jahren über die frühen Performances und Filme der 1970er-Jahre, die mechanischen Skulpturen der 1980er-Jahre und die raumgreifenden Installationen der 1990er-Jahre bis heute“ (Presseinfo). Was daran so fasziniert, hat wohl mit der frappierenden Kopplung von ungemeiner Sensitivität und scharfem Intellekt zu tun – die einschlägige Kunstkritik überbietet sich nachgerade in poetischen Höhenflügen. Ein Wesensmerkmal von Rebecca Horns Kunst ist die Hybridität, die Verbindung von Mensch, Maschine und Tier – die humane wie die geschlechtliche Dominanz sind obsolet geworden. Jana Baumann, die diese großartige Ausstellung luzide kuratiert hat, prägte die plastischen Begriffe Maschinenwerdung und Tierwerdung mit Betonung des Fluiden. Rebecca Horn, die auch als Erfinderin, Regisseurin, Autorin, Komponistin und Poetin gilt, sieht sich selbst in erster Linie als Choreografin, was sich bei ihrer Praxis in der Orchestrierung von Raum, Licht, Körperlichkeit, Ton und Rhythmus ausdrückt.
Beim Eintreten werden die Besucher*innen neben frühesten Zeichnungen mit programmatischen Körperfragmentierungen wie etwa Lippenmaschine (1964) mit der bekannten kinetischen Skulptur Kuss des Rhinozeros (1989) konfrontiert: alles Körperliche reduziert auf einen riesigen Metallreifen, dessen obere, mit zierlichen Hörnern bestückte Enden sich regelmäßig öffnen…
