Michael Hauffen
Raumschiff Jugoslawien
»Die Aufhebung der Zeit«
Neue Gesellschaft für bildende Kunst, Berlin, 23.9. – 30.10.2011
Ein junges Kuratorenteam begibt sich seit einiger Zeit auf Spurensuche zur Geschichte Jugoslawiens. Eines der primären Anliegen ist der Versuch, das heute mit Ex-Jugoslawien verbundene Bild von einer durch Bürger- und Nationalkriege nachhaltig angeschlagenen Region durch einen historisch erweiterten Blick zu relativieren, und vor Ort zu überprüfen, inwiefern noch oder wieder Bezugnahmen auf eine gesamt-jugoslawische Identität vorhanden sind. Das scheint vor allem angesichts aktueller Neuauflagen des Mythos einer „Balkan-Region“ von Bedeutung, der sich von jeher mit Projektionen „wilder“ kultureller Eigenarten verband – nicht zuletzt auch im Kunstbereich.
Wie solche Zuschreibungen produziert werden, führt eine Videoarbeit von Phil Collins plastisch vor Augen, die 1999 ein Reportageteam bei Aufnahmen im Kosovo einer Beobachtung zweiter Ordnung unterzog. Da werden schon mal Aussagen dramatisiert und Regieanweisungen gegeben, wenn die Interviewpartner die Erwartungen des konsumverwöhnten Medienpublikums nicht erfüllen. Collins selbst zieht sich dabei nicht auf eine vermeintlich neutrale Position zurück, sondern gibt seinerseits durch eine zunehmend unruhige Kameraführung seiner Erregung Ausdruck.
Mit Peter Mlakar wird ein Performance-Künstler gewürdigt, der drei bedeutende Auftritte im Rahmen von Konzerten der Gruppe „Laibach“ absolviert. Dies war vermutlich die einzige slowenische Band, die noch in den 80er Jahren in Belgrad auftreten konnte, wo die wirtschaftliche Krise bereits zu negativen Beziehungen zwischen Serbien und den anderen Teilrepubliken geführt hatte. Nach der Vorführung eines deutschen Propagandafilms, der die Bombardierung Belgrads zu Beginn des Zweiten Weltkrieges verteidigte, betrat Mlakar in einer Jagduniform die Bühne und hielt eine pseudo-nationalistische Rede, die…