Michael Nungesser
Rational/Irrational
Haus der Kulturen der Welt, Berlin, 8.11.2008 – 11.1.2009
Seit April 2008 leitet Valerie Smith den Bereich Bildende Kunst, Film und Medien am Haus der Kulturen der Welt. Smith, die zuletzt Chefkuratorin und Ausstellungskuratorin des Queens Museum of Art in New York war, bestreitet mit „Rational/Irrational“ ihre erste eigene Ausstellung am neuen Ort. Sie hat sechs internationale Künstler ausgewählt, die sie in einer wenig spektakulären, aber umso intensiveren Schau präsentiert, wobei der große Saal – dem Thema gemäß – in geheimnisvolles Halbdunkel getaucht ist. Ausgangspunkt für ihr Projekt, die Grenzen zwischen Rationalität und Irrationalität, zwischen Realität und Wahn, am Beispiel zeitgenössischer Kunst auszuloten, bilden zwei schon verstorbene Künstler. Es sind der Brasilianer Arthur Bispo do Rosário (1911-1989) und der Chilene Juan Downey (1940-1993), die auf sehr verschiedene Weise alternative Lebensformen erkundet haben.
Bispo de Rosário verstand sich nie als Künstler. Er war Seemann, hatte sich mit Gelegenheitsarbeiten durchs Leben geschlagen und lebte schließlich auf Grund einer paranoiden Schizophrenie Jahrzehnte in einem Hospital in Rio de Janeiro. Dort glaubte er, einem göttlichen Auftrag folgend, sich auf das Jüngste Gericht vorbereiten zu müssen. Aus Abfallprodukten fertigte er ein „Register meines Aufenthaltes auf Erden“. Seine Art Brut-Kunst wurde 1995 auf der Biennale in Venedig gezeigt, seit 2000 ist sein Lebenswerk in Rio in einem eigenen Museum untergebracht. Im Haus der Kulturen der Welt sind Ausschnitte daraus zu sehen, vor allem schriftlichen Botschaften wie Gedichte, Sprüche, Zeitkommentare oder Bibelwerbung, außerdem Listen von Namen und Zahlen. Sie sind auf Textilien aller Art (alte Tücher, Decken,…