Dieter Daniels/Johannes Stahl
Rapido Fine
Ferrara, 18.5.-30.6.1986
»Rapido Fine«: Ausstellung in einer leerstehenden Schuhfabrik bei Ferrara, 18. Mai – 30. Juni 1986. 54 italienische und internationale Künstler haben in einer Vorbereitungszeit von zwei Monaten im Ambiente der seit Jahren ungenutzten riesigen Hallen gearbeitet. Das Konzept der Veranstaltung zielte auf eine raumbezogene Arbeit und die Verwendung vorgefundener Materialien. Die Künstler setzten dieses Anliegen vor allem in Installation, Wandmalerei und Skulptur um: sie verstehen dieses Recycling-Konzept für den ehemaligen Fabrikationsraum und seine Rohstoffe als eine ästhetische Wiederinbetriebnahme der Industrie-Anlage. Der italienische Begriff »ricupero«, mehrfach auch im Katalog genannt, entspricht in seinen verschiedenen Bedeutungen den unterschiedlichen Dimensionen des Projekts.
»Rapido fine« belebt schon fast vergessene Ideen neu: künstlerisches Eingreifen in vorhandene Strukturen, inszenierter Alltagsraum. Kunst und Öffentlichkeit, Material-Ästhetik, Ausweitung des Rahmens von Atelier, Galerie und Museum, Industrie-Romantik, soziale Verantwortung der Kunst, Kunst als Prozeß. Sie bleibt jedoch kein nostalgisches Remake von Ansätzen der 60er und 70er. Es ist unverkennbar, daß die Ausgangssituation Mitte der 80er eine andere ist. Enrico Crispolti gebraucht in seinem Katalog-Beitrag den Begriff »ricupero« nicht nur für die Wiederverwendung von vorgefundenem Material, sondern auch für das Zurückgreifen auf Ansätze aus der Kunstgeschichte. Als vor gut 10 Jahren die Schuhfabrik Zenith, die heute Ort der Ausstellung ist, geschlossen wurde, hatten auch die jetzt dort zu neuem Leben erweckten Ausdrucksformen ihre Entwicklung abgeschlossen. Mittlerweile sind, nach dem Neo-Expressionismus wilder Stilrichtung, dem Neo-Klassizismus der Pittura Colta und schließlich dem Aufgreifen des Informel nun auch die der Arte Povera verwandten Ansätze Bestandteil des Repertoirs künstlerischer Ausdrucksformen geworden….
