PETER WINTER
Raimund Girke
Weiß ist eine Farbe. Mit fast monomanischer Intensität treten seit fünfzehn Jahren die Bilder Raimund Girkes den Wahrheitsbeweis dieser Behauptung an, mit zartem Finger pochen sie an die Aufnahmefähigkeit des Beschauers für leise Töne, verhaltene Nuancen. Sie kommen nicht mit der lautstarken Werbetrommel letzter Ismen, nicht mit dem ellenbogenrangelnden Gebaren modischer Trends daher. Die glänzende Attitüde von des Kaisers neuen Kleidern ist ihnen fremd. Sie ziehen keine schicke Pupillenschau ab, keine Parade für drive-in-Rezipienten.
Wo oft von Malern die nackte Helligkeit des Papiers oder der grundierten Leinwand durch ungestüme Farbigkeit brutal verletzt wird, findet in den Tafeln des 43-jährigen Hannoveraners ein behutsames Eingehen auf die vorgegebene Unberührtheit des weißen Malfonds statt.
Girke ist der Maler des Fast-Nichts. Ein ungeduldiger Besucher, der flinken Auges eine Girke-Ausstellung durcheilt, bleibt ästhetisch relativ unbefriedigt: Diese Bilder wollen nicht ad hoc konsumiert werden – entweder man beschäftigt sich bedächtig und konzentriert mit ihnen oder man bleibt besser zu Hause.
Das Vorlaute ist ihre Sache nicht. Deshalb hatte es ihr Autor auch schwer, sich im Konzert der Kunstmacher allmählich Gehör zu verschaffen.
Immer ein wenig abseits von der Schnellstrasse der Stil-Hektik, dazu noch kunstpublizistisch nicht gerade im Zentrum ihrer Umschlagplätze, im Niedersächsischen wohnend, stand die Arbeit des gebürtigen Schlesiers etwas im Halbschatten cleverer Produzenten.
Nun, da durch die amerikanischen Sensibilisten (siehe Prospect ’73 in Düsseldorf) das Leise auf gewichtigen, großformatigen Sohlen importiert wird, lohnt sich eine Auseinandersetzung mit dem stetig und unbeirrbar gewachsenen Oeuvre Girkes, nicht zuletzt, um einige Prioritätsansprüche geradezurücken.
Die großzügige, luftige Hängung eines repräsentativen Querschnitts dieses…