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Ausstellungen: Prag · von Michael Hübl · S. 390 - 391
Ausstellungen: Prag , 2008

Prag

Michael Hübl

Radikale Skepsis

»Zaostalí forever” – Rückblick auf eine tschechische Künstlergruppe«
Galerie hlavního mìsta Prahy, 19.9. – 25.11.2007

Beschädigte, aufgerissene, zerfetzte Koffer sind spätestens seit den systematischen Deportationen des Zweiten Weltkriegs zu einer Metapher für die Wunden und Traumata geworden, die das 20. Jahrhundert hinterlassen hat. In der Gedenkstätte Auschwitz erinnern Koffer an die perfide Gründlichkeit des Holocaust, dessen Handlanger mit mörderischer Sorgfalt so genanntes unwertes Leben von den materiellen Wertstoffen trennten. Auf einem Platz vor der Pariser Gare St. Lazare (Cour de Rome) demonstriert seit 1985 eine Art Stele aus schäbigen, alten, hoch aufgestapelten und in Bronze gegossenen Koffern, dass Reisen ein beklemmend endgültiger Vorgang sein kann. Der Künstler Arman, einer der Protagonisten des Nouveau Réalisme, hat sie gestaltet und ihr den Namen gegeben “Consigne á vie”; der Begriff, der in keinem Lexikon steht, könnte so viel heißen wie “Lebensgepäckaufbewahrung”. Oder: “Lebenschließfach”.

Als Zdenìk Beran fünf Jahre später in der Prager Galerie Nová síò seine Installation “Cesta” (Weg, Straße) einrichtete, verwandte er ebenfalls abgelegte Gepäckstücke. Berans “Weg” bestand aus einer Abfolge schwer ramponierter Pappkoffer, die Abfall erbrachen und aus denen ungesponnene Wolle quoll. Damals mochte man diese Arbeit als ästhetische Paraphrase des postkommunistischen Umbruchs deuten, der Ost- und Mitteleuropa wie ein Nachbeben der politischen und gesellschaftlichen Erschütterungen des Jahrhunderts erfasst hatte. Jetzt wurde “Cesta” an einem neuen Ort abermals gezeigt: Sie war eines der Exponate der Ausstellung “Zaostalí forever” in der Galerie der Hauptstadt Prag (Galerie hlavního mìsta Prahy). Und diesmal wirkten die Koffer wie ein verlorenes Zeichen dafür, dass die…


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