Heinz-Norbert Jocks
Qui Zhije
Pekinger Tatorte: Ein Atelierrundgang
Qui Zhijie, 1969 in Zhangzhou in der Spätphase der Kulturrevolution geboren, sieht sich als chinesischer Künstler auf einem neuen Langen Marsch, unterwegs zu einer „Moderne, die wir nicht nur wollen, sondern die auch zu uns gehört.“ Wenn man mit ihm redet, spürt man sogleich, dass er mit Büchern in einer Gelehrtenfamilie aufgewachsen ist. Bevor sein Vater Beamter auf Stadtebene wurde, unterrichtete dieser wie seine Mutter als Lehrer an der Schule. Aufgrund des Beamtenstatus seines Vaters, der, tagtäglich von Leibwächtern beschützt, mit Pistole unterm Kopfkissen schlief, bekam Qui Zhijie schon in jungen Jahren die Machtkämpfe und das Machtgerangel zu spüren. Seine sexuelle Aufklärung bezog er, wie er erzählt, aus den klassischen Romanen, und seine hohe Bildung verdankt er der Lektüre der philosophischen Schriften von Karl Marx, Jean-Paul Sartre, Friedrich Nietzsche und Lu Xun.
Als Kind brachte ihm sein Großvater die Kalligraphie bei. 1988 schrieb er sich an der Zhejiang Academy of Fine Arts ein, wo er im Bereich Druckkunst 1992 seinen Abschluss machte. Die Zusage für eine Auslandsreise, die er 1989 erst erhalten hatte, wurden wegen der Ereignisse auf dem Platz des Himmlischen Friedens rückgängig gemacht. Im gleichen Jahr beschloss er zusammen mit Zhang Peili und Wu Shanzhuan, „das Persönliche“ aus seiner Kunstproduktion zu eliminieren.
Qui Zhijie, Kalligraph, Maler, Computer- und Videokünstler, Steinschnitzer, Kurator im Bereich der Videokunst und zudem Professor für Kunst, ist ein provozierender Querdenker, der, gegen konventionelles Denken rebellierend, die klassische chinesische Kunst in eine konzeptionelle aufgehen lässt….