vorheriger
Artikel
nächster
Artikel
Kommentar · S. 336 - 338
Kommentar , 1988

Karlheinz Schmid
Qualitätsprobe statt Zeitvergleich

Karlheinz Schmid über die Bilderflut aus dem Osten

Der Galerist Dieter Brusberg, hierzulande im Schichtwechsel mit der Feuilleton -Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für Public-Relations der DDR-Malerei zuständig, machte soeben in Berlin-Wedding den zweiten “Zeitvergleich”. Die Uhren, so zeigt auch diese DDR-Schau mit Arbeiten von 13 Künstlern, stimmen nach wie vor nicht überein. Während im Westen eher Normalzeit läuft, tickt der Wecker im Osten mit reichlich Verspätung. Obendrein fehlt dem defekten Chronometer jegliches Alarmzeichen. So schlummern etliche DDR-Maler ungestört im weichen Kissen der Marke Entspannung, bevor sie immer noch trunken vom Lobpreis sämtlicher Kulturpolitiker, ganz allmählich Nachschub für den Staatlichen Kunsthandel produzieren.

Die Qualitätsprobe, so scheint es, spielt dabei keine Rolle, weil das von Kunstaustausch strapazierte Management heutzutage ohnehin lieber auf Uhren als auf Bilder schaut Wird schon keiner merken, daß der Heisig-Schüler Walter Libuda mittlerweile das Informel ausschlachtet, jene einst von Fautrier, Wols und anderen entwickelte Bildsprache schäm- und nahtlos in die neunziger jähre hobelt. Wird schon keiner wissen, daß der frühere Porzellanmaler Jürgen Wenzel aus Dresden weder Corinth noch Rembrandt begriffen hat und dennoch glaubt, rohes Fleisch malen zu können. Eine Materialschlacht, nichts anderes. Derartige Pinselquälereien, darunter vor allem der Salomé-Verschnitt der Angela Hampel, nivellieren auch die wenigen herausragenden Beispiele der DDR-Malerei, etwa Arbeiten von Heisig und Mattheuer. Dieser “Zeitvergleich”, kein Zweifel ist überhaupt nur erwähnenswert, weil er symptomatisch ist

Landauf und landab läßt sich derzeit nämlich beobachten, daß die Ostkunst auf dem Vormarsch ist, begleitet von einem schier grenzenlosen Wohlwollen, wie es im allgemeinen nur für…


Kostenfrei anmelden und weiterlesen:

  • 3 Artikel aus dem Archiv und regelmäßig viele weitere Artikel kostenfrei lesen
  • Den KUNSTFORUM-Newsletter erhalten: Artikelempfehlungen, wöchentlichen Kunstnachrichten, besonderen Angeboten uvm, jederzeit abbestellbar
  • Exklusive Merklisten-Funktion nutzen
  • dauerhaft kostenfrei