RAINER METZGER
Pygmalions Werkstatt
Die Erschaffung des Menschen im Atelier
von der Renaissance bis zum Surrealismus
Kunstbau/Lenbachhaus, München, 8.9. – 25.11.2001
Einer der unheilvollsten Einflüsterer, mit dem sich die akademische Kunstgeschichte auseinander zu setzen hat, ist Erwin Panofsky. Seit seinem 1924 erschienen “Idea. Ein Beitrag zur Begriffsgeschichte der älteren Kunsttheorie” kann es nicht sublimierend, transzendierend, idealisierend genug zugehen bei den Künstlern. Unterhalb des Neuplatonismus hat es für Panofsky kein Werk des letzten halben Jahrtausends getan, und wenn der Maler oder Bildhauer sich schon schmutzig macht mit Farbe und Gips, dann allenfalls darum, die Materie und sich selbst gleich mit zu veredeln. So stellt sich ein deutscher Geisteswissenschaftler das Atelier vor: als Durchlauferhitzer für das Reich der Geistigkeit, als Altar für die Transsubstantiation ins Seelische und Evangelische.
Die Ausstellung, die das Lenbachhaus unter dem eigentlich vielversprechenden Motto “Pygmalions Werkstatt” in ihren Kunstbau pflanzt, sitzt dem Künstler bei seiner scheinbar so unermüdlichen Wanderschaft in die höheren Sphären im Nacken. Doch geht sie dabei den Weg alles Irdischen und verfehlt ihr Ziel: Mit Panofsky als Baedecker kann man schnell abstürzen. Da hilft auch Pygmalion nicht mehr, der sich zwar eigentlich auskennt in der Zauberbergwelt, der aber zumindest in der Verfassung, in der ihn die Ausstellung vorführt, ganz übersehen hat, dass der Alpintourismus der Moderne auch die Gefilde oberhalb der Traumgrenze erfassen musste.
Pygmalion ist jener literarische Prototyp eines Plastikers, von dem einst Ovid in den “Metamorphosen” gesungen hatte, dass er sich in das soeben geschaffene steinerne Bildwerk eines Mädchens verliebt habe, dass die Göttin Venus vom…