Otto Dressler
Publikumsmeinungen
Der provozierte Dialog ist eine Grundlage meiner Arbeit im politischen Kunstbereich. Registrierbare Reaktionen betroffener Rezipienten werden als auswertbares Ergebnis mitbestimmend bei der Entstehung neuer Aktionskonzepte und themenbezogener Objekte.
Als Beispiel folgt eine Aufzeichnung von einer Verfremdungs-Aktion in Berlin:
BLOODY NOSTALGIE
Aktionsthema GEWALT Zielgruppe: Unvorbereitet konfrontierte Straßenpassanten.
Die Aktion soll Meinungen zu einem aktuellen Thema (Terror und Gewalt) freilegen und registrierbare Reaktionen mit künstlerischen Mitteln provozieren. Aktionsmaterial:
In einem stadtzentral gelegenen Schaufenster werden fünf schwarz gestrichene, mit schwarzen Tüchern bedeckte Schaufensterfiguren nebeneinander gelegt und mit Original-Kriegsutensilien in schwarzer Verfremdung ausgestattet. Am Fußende stehen Kreuze mit folgenden Texten:
“G e w a l t – O p f e r”
Die letzten toten Soldaten des zweiten Weltkrieges.
Deutscher Soldat, Nr. 3 333 978 getötet in Deutschland
Sowjetischer Soldat, Nr. 13 600 124, getötet in Deutschland
Amerikanischer Soldat, Nr. 229 101, getötet in Deutschland
Französischer Soldat, Nr. 250 045, getötet in Deutschland
Englischer Soldat, Nr. 326 097, getötet in Deutschland
Die Figuren werden während der Aktion mit roten Kunststoffgußlinien (Blutverfremdung) überzogen.
Organisation: Ben Wargin Galerie S – Hubert Henkel Wertheim-Galerie Berlin.
“Damit sind vielleicht wir gemeint”
“Du Nestbeschmutzer”
“…totschlagen und dazulegen”
“Das hat mit Denken zutun”
“Vergasen….du Jude”
“…dann wird eine Bombe explodieren”
“50 Millionen Tote sind genug”
“Provokateur” – “Ausbeuter” – “Schwein”
“Beim Militär würdest du’s lernen”
AKTIONSPROTOKOLL
Zwei Tage vor Aktionsbeginn
Beschaffung von Schaufensterfiguren im Dekorationslager – Fünf männliche Puppen – – Köpfe werden zur Verfremdung ausgesucht – Alles in den Rückraum des Fensters Nr. 8 transportiert – Die Köpfe und Hände werden schwarz getönt – Schwarze Tücher 200 x…