Rainer Metzger
Prospect ’93
Schirn Kunsthalle und Kunstverein, Frankfurt,
20.3. – 23.5.1993
Beginnen wir mit dem Positiven. Von dem knappen Hundert an künstlerischen Positionen, die “Prospect ’93” versammelte, sind tatsächlich viele, überproportional viele, neu. Kurator Peter Weiermair hat sich weltweit umgetan und eine Auswahl getroffen, die in puncto Minderheitenanteil, der gern auch Frauen umfaßt, durchaus der Modekategorie der “political correctness” entspricht. Dann gibt es ein paar interessante Einzelfälle, die als Kommentare zum grassierenden Ausstellungsbetrieb taugen. Der junge Schotte Douglas Gordon etwa präsentiert seine akribischen Text-Monochromie-Kombinationen just an jener konvex ausschwingenden Wand, die bei der letzten “Prospect” ein ganz ähnlicher Robert Barry eingenommen hatte. Die Elsworth-Kelly-Begeisterung der letzten documenta fand ihr Dementi in Steven Parrinos Tafeln, gewissermaßen dekonstruktivistischen Versionen von Stoffbildern, in denen die Bahnen zu lang und zu sehr aus der Façon geraten sind, um auf die Rahmen zu passen. Und Jan Hoets letztjährige Box-Begeisterung hat ihre Antwort in Matthias Wähners monumentalen Silhouetten von Fidel Castro, zwei spiegelbildlichen Alufassungen, in denen der Maximo Lider einen Baseballschläger schwingt und sich in letzter Ironie der Geschichte die Bälle selber zuspielt. In diesen Beispielen mag des Kurators Distanz zu dem, was er nun zum dritten Mal veranstaltete, ganz bei sich selbst sein. Wäre es bei dieser Distanz doch länger geblieben.
Doch Weiermair wollte augenscheinlich einen Trend setzen, und so reihen sich besonders im Gebäude des Kunstvereins dutzendweise Positionen aneinander, die alle um eine Art Körperkunst bemüht sind. Deren Vertreter kreisen unermüdlich um ihre physische Befindlichkeit, steigen gegen Aids und für sexuelle Gleichberechtigung auf die Barrikaden und…