CORINNE SCHNEIDER
Präparation und Rekonstruktion
Die Mumifizierung menschlicher Leichname und die Präparation von toten Tieren als Fetisch oder Trophäe geschah ursprünglich immer in kultisch-rituellen Zusammenhängen. Bereits innerhalb dieser kultischen Vorstellungen sah man auch das Tier als “beseeltes Wesen” an, nicht erst in der Feststellung der modernen Rechtsprechung, Tiere seien keine “Sachen”.
Seit der frühen Neuzeit brachte die Emanzipation der Wissenschaften gegenüber der Theologie auch eine Profanisierung des Todes mit sich – die Arbeit eines Pathologen oder Anatomen beim Sezieren steht nicht in Widerspruch zur Pietät, und der Präparator schafft keine Kultobjekte mehr (selbst ausgestopfte Jagdtrophäen sind gemeinhin nur noch Dekorationsstücke).
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein fanden das Sterben der Menschen und das Töten von Nutztieren in der unmittelbaren häuslichen Lebenssphäre statt – der Tod war in jedem Fall etwas Vertrautes, Selbstverständliches. Erst im Industriezeitalter brachte das Anwachsen der Städte zu metropolischen Ballungsräumen eine demografische Entwicklung mit sich, die von massiven kultur- und sozialgeschichtlichen Einschnitten begleitet war: in jenem Maße, wie sich die großfamiliären Strukturen auflösten, verlagerte sich mehr und mehr die Pflege der Kranken, Gebrechlichen und Alten – und dann deren Sterben – in Spitäler und Heime. Analog zu dieser sozialgeschichtlichen Entwicklung wurde auch die Hausschlachtung durch die Einrichtung industrieller Schlachthöfe und “Tierkörperverwertungsanstalten” abgelöst.
Corinne Schneiders Projekt “Die Ankunft – Präparation und Aufbau eines trabenden Pferdeskeletts” (1998) erlaubt Verweise auf zwei andere Künstler, die die räumliche Ausgrenzung des Todes aufzubrechen versuchten: Daniel Spoerri schuf in den achtziger Jahren eine Assemblagen-Serie “Natur mort”, wobei er die ausgetrockneten Kadaver von Ratten und Igeln sammelte, die…