KNOWBOTIC RESEARCH
Postorganic immortality
VOM KÖRPER ZU »INCORPORATIONS«
»There is no guaranteey, that we use a global network to good ends.«
(Michael Heim)
Ob die unverbesserlichen Utopisten in der Netzkultur nun endlich eine ungebrochene Realisierung der politisch korrekten Lebensweise für möglich halten, ob für andere Visionäre die Prinzipien des poetischen Terrorismus endlich verwirklicht werden können oder ob Propheten heftigst in diesen vernetzten Systemen die Apokalypse des Humanen herannahen sehen, unabhängig von jeder Interpretation ist das Vorhandensein ungeheurer energetischer Ressourcen im ‘Cyberspace’ augenfällig.
Wägt man die fast nie gemäßigt verlaufenden Diskussionen um die (r)evolutionären Entwicklungen gegeneinander ab, bleibt unter dem Strich immer eine ungeklärte Frage: Ist oder wird der weiterhin der ersten Realität verhaftete menschliche Körper hierbei ein lästiges unterfunktionelles “Anhängsel” sein oder wird er zu einem ins Computer-Netz projizierten, erweiterten Feld intensivierter Empfindungen? Sicher ist: digitale Datenmengen illusionieren und informieren, simulieren und konstruieren, beleidigen und verletzen z.B. ohne körperliche Aktivität im konventionellen Sinne menschlichen Handelns.
Man muß vorerst nicht so weit gehen und sich Hakim Bey (einer der engagierten Netzgurus mit vielfachen Publikationsidentitäten) anschließen, der mit einem gewissen Zynismus das Netz als “Location of the information war”1 bezeichnet. Er prophezeit ein Schlachtfeld ohne blutige Körperverluste. Bei solcher Konsequenz stellt sich dann aber die Frage nach den “placeholders”, nach den Stellvertretern im Datenraum ein. Die nüchterne Lösung lautet bisher so: In Computernetzen übernehmen digitale incorporations oder Agenten stellvertretend Aufgaben der Informationsselektierung und -generierung.
Die spannende Frage ist aber, ob solche `Stellvertreter-Existenzen’ über diese allgemeine Beschreibung hinaus fähig sind, auch eigenständig Realitäten zu konstruieren. Daß dies möglich…