Postmoderne Perspektiven für das Design der Zukunft
Adolf Loos hat die entscheidende Leistung des 18. Jahrhunderts in der Befreiung der Wissenschaft von der Kunst und die des 19. Jahrhunderts in der reinlichen Scheidung von Kunst und Gewerbe gesehen. Das 20. Jahrhundert sollte ihm zufolge die Aufgabe haben, diese Trennungen zu befestigen und zu nutzen.1 Aber am Ende dieses Jahrhunderts erkennen wir die gegenläufige Bewegung: Paul Feyerabend und andere plädieren für “Wissenschaft als Kunst”, und die Aufgaben des Designs – das nach wie vor das Kunstmoment innerhalb des Gewerbes bzw. der Industrie darstellt – werden offenbar immer umfassender und unverzichtbarer. Wie ist dieser Wandel zu erklären? Leben wir in einer Zeit allgemeiner Transformation dessen, was uns für ausgemacht galt? Der Postmodernismus behauptet dies. Was vermag er uns über die veränderte Verfassung der Gegenwart und die Wege in die Zukunft zu sagen?
I. Postmoderne – ein Überblick
Jean-François Lyotard, der bedeutendste Theoretiker der Postmoderne, hat einmal gesagt, die Postmoderne sei weniger eine Epoche als “ein Gemüts- oder vielmehr Geisteszustand”.2 Wahrscheinlich geht es um beides, aber ausschlaggebend ist die neue Geisteshaltung.
Mit dieser postmodernen Geisteshaltung will ich Sie zunächst vertraut machen, um nachher mögliche Konsequenzen für den Weg des Designs ins 21. Jahrhundert aufzuzeigen.
1. Literatur
Der Ausdruck “post-modern” begegnet zwar erstmals schon vor über einhundert Jahren, aber zum Leitbegriff einer Debatte ist er erst 1959/60 in den USA geworden. Die heute weltweite Diskussion um Moderne und Postmoderne nahm von dort ihren Ausgang.3
Zunächst war der Begriff auf die Literatur beschränkt. Irving Howe und Harry Levin konstatierten 1959 bzw. 1960…