Positiver Impuls
Jürgen Raap über das Stadtmarketing in Kassel und Begleiterscheinungen der d 14
von Jürgen Raap
Ein Kneipier bewirbt sein „Vanilleeis im Espresso ertrunken“ mit der Grußformel „Welcome to documenta 14“, und „Kassels Disco für Erwachsene“, was immer das heißen mag, nämlich das „Theater Stübchen“, plakatierte überall in der Stadt den Aufruf: „Tanzt die documenta“. Die Lokalzeitung HNA-Hessisch-Niedersächsische Allgemeine stellte Vergleiche zwischen der 200.000 Einwohner-Stadt Kassel und der 3,7-Millionen-Metropole Athen als „kulturelles Kräftemessen“ an. Doch ausgerechnet beim Wahrzeichen der Hessen-Metropole, nämlich der weithin sichtbaren 8,25 m hohen Kupferstatue des Herkules oberhalb der Wasserspiele im Bergpark Wilhelmshöhe, musste das Blatt allerdings einen Punkt nach Athen vergeben: „Zugegeben: Auch der Herkules hat sein Vorbild aus der griechischen Mythologie“. Desgleichen ist das Kasseler Taxigewerbe in diesen Sommerwochen dem Ansturm von einer Million erhoffter Besucher kapazitätsmäßig nicht ganz gewachsen, denn man muss bei telefonischer Bestellung schon mal etwas länger warten als üblich. Der Insolvenzantrag des lokalen Fußballvereins KSV Hessen Kassel ist auch ein kleiner Wermutstropfen im Kelch von der Mär des wirtschaftlichen Aufschwungs, aber sonst sieht sich die nordhessische Stadt durchaus auf Augenhöhe mit Athen. In Sachen Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung profitiert Kassel sogar recht deutlich von einer „zwei-ortigen, nicht-nationalen Documenta“ in beiden Städten: Denn noch vor wenigen Monaten hatte die „Frankfurter Neue Presse“ 2017 zum „Schicksalsjahr“ für den Flughafen Kassel-Calden ausgerufen, weil der abgelegene Flugplatz seit seiner Eröffnung 2013 in Sachen Auslastung die Erwartungen Jahr für Jahr nicht erfüllte. Das Land Hessen hält einen Anteil von 68 Prozent…