Jens Rönnau
Positionen zum Ich – Kamerabilder
Kunsthalle zu Kiel, 19.6. – 14.8.1994
“Ein Portrait aus Haut und Knochen” titelt die New York Times am 21. November 1993 eine Reportage über die Performance-Künstlerin Orlan, die sich seit Jahren der plastischen Veränderung ihres Gesichts unterzieht. Eine Installation mit Fotos sowie eine “Dia-Video-Konferenz” mit Publikumsgespräch über ihre Operations-Performances war jetzt Bestandteil der Ausstellung “Positionen zum Ich – Kamerabilder” in der Kieler Kunsthalle. Im Grunde genommen ist diese Ausstellung ein Reflex auf die zeitgleich dort veranstaltete Schau “The Last Sitting” mit den Marilyn-Monroe-Fotos des Bert Stern, die sich derzeit auf großer Tournee befindet. Ein bewußt “kritischer Reflex”, wie die Veranstalter versichern, denn ohne die “Positionen zum Ich” wären die publikumsträchtigen Monroe-Fotos nicht ins Haus gekommen. Die Idee zur Ausstellung hatte Beate Ermacora, seit einem Jahr stellvertretende Direktorin der Kieler Kunsthalle. Und was sie den gutgemachten Klischees von “Traumfrau” Marilyn entgegensetzt, sind acht Positionen der Gegenwartskunst, die das Medium Fotografie unter gewandelten Voraussetzungen zum Einsatz bringen. Daß parallel zu diesen beiden Ausstellungen noch die medizinisch orientierte Schau “Krankheiten des Gesichts in künstlerischen Illustrationen des 19. Jahrhunderts” in der Kieler Kunsthalle gezeigt wurde, darf als passende, aber mehr zufällige Erweiterung gewertet werden.
Dreh- und Angelpunkt der “Positionen zum Ich” sind die Beiträge von drei Künstlern: der Französin Orlan, der Amerikanerin Cindy Sherman sowie dem Schweizer Duo Marcel Biefer und Beat Zgraggen.
Der Rundgang beginnt mit einem belustigendem Szenario von Biefer/Zgraggen, die sich in einer bunten Fotoserie als steinzeitliche Individuen zeigen. Um der Rolle des beutejagenden Steinzeitmenschen besser zu entsprechen,…