PORTUGAL: Pedro Cabrita Reis
Antichi Granai, Giudecca / Giardini
In der Morgendämmerung gibt es einen Moment, da vorher und nachher in eins fallen, Licht, Farben, Konturen, Klänge zwischen Verblassen und Auftauchen schwanken, Zeit und Raum in einen Ausnahmezustand versetzt scheinen. Ein Dazwischen, das sehr präzis einen Spalt in die Wirklichkeit reißt.
Wer durch die Skulptur Longer Journeys von Pedro Cabrita Reis wandert, die im Halbdunkel eines der großen alten venezianischen Kornspeicher, der Granai auf der Giudecca, steht, mag einen solchen Moment von Zwielicht, von Zwischenraum und Zwischenzeit erleben. Die Konstruktion besteht aus zwei Stockwerken, zwei identischen offenen Raumfolgen, die aus Türen, Türrahmen und Öffnungen und weißlich schimmernden, zum Teil heikel herabbaumelnden Neonröhren zusammengesetzt ist. Am Ende des langen Weges durch diese Raumfolge angekommen, verwandelt der Besucher die letzte Tür unwillkürlich in die erste, kehrt wieder um, schreitet die mehr in die Luft gezeichneten denn gebauten Räume nochmals ab, tritt hier aus einer Tür hinaus, kommt durch die nächste wieder herein, schaut nach oben, wo sich die gleichen Räume, die gleichen Türen wiederholen, allerdings wieder nur in offenen luftigen Umrissen, Räume also, die unbegehbar und ohne Treppenaufgang unerreichbar sind. “Jeder baut in seinem Leben einen Ort”, sagt Pedro Cabrita Reis, “wohin man nicht gehen kann, aber gern gehen möchte. Ich banalisiere die Vorstellung zu einer Wiederholung und zeige damit so etwas wie eine Uhr, die mit zwei gleichen Gewichten funktioniert.”1
Unwillkürlich beginnt der Besucher, sich in Bewegung zu setzen, wenn er die Skulptur betritt; die Konstruktion zeichnet ein Gehen vor und nach. Mit seinen Schritten…