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Titel: Art & Pop & Crossover · von Johannes Ullmaier · S. 90 - 91
Titel: Art & Pop & Crossover , 1996

Johannes Ullmaier
Pophistoire

Was das Reden über pop-immanente Kategorien betrifft, so ergibt sich zusätzlich die Schwierigkeit, daß diese vielfach einen Hang ins Irrationale aufweisen, der sie zwar keineswegs irrelevant, aber schwer zu handhaben macht. Selbst wo sie sich nicht ins Mythische verlieren, stehen Kriterien wie Groove, Swing, Drive, Blues (als Ausdrucksqualität), laid back, funky, Feeling, Härte, Speed etc. – als komplexe Konglomerate aus “faktischen”, ausdruckshaften und gehaltlichen Komponenten – der Integration in ein diskursives Begriffssystem zunächst entgegen. Inwieweit sie aber wirklich ein prinzipielles Problem darstellen und ob ihre genaue Analyse nicht doch meist einen relativ festen (wenn auch in sich vielleicht irrationalen) Bedeutungskern zutage brächte, mit dem man arbeiten könnte, wäre erst noch zu untersuchen.

In bezug auf die konkreten Kategorien, die für die Pophistoire – und damit zugleich für eine auch ästhetisch fundierte Kanonbildung – eine Rolle spielen könnten, kann hier nicht mehr als ein weitgehend assoziativer Katalog von Vorschlägen angeboten werden, den man in seiner Unvollständigkeit, seinen Ebenensprüngen und seiner Unordnung nicht zu ernst nehmen sollte. Er soll lediglich dazu dienen, den Rahmen anzudeuten, in welchem die Popmusik sich bewegt bzw. (angesichts der zahlreichen nur fakultativen Kriterien) bewegen kann. Zu berücksichtigen wären Phänomene wie:

Abgründigkeit

Abmischung

Abstraktion

Absurdismus

Abwechslungsreichtum

Adaptation

Ästhetizismus

Agogik

Aktivismus

Akzentuierung

Anlaßgebundenheit

Arrangement

Artifizialität

Artistik

Atonalität

Aufnahmetechnik

Auratismus

Ausdifferenzierung

Ausdruck

Authentizität

Avantgardismus

Banalität

Beat

Beschleunigung

Beseeltheit

Besetzung

Bizarrerie

Brachialität

Bruitismus

Choreographie

“Coolness”

Dekadenz

Destruktion

Diskursivität

Dramatik

Drogenbeeinflussung

Dynamik

Eigenständigkeit

Eklektizismus

Ekstatik

Emanzipation

Energetik

Entfremdung

Entspanntheit

Erhabenheit

Erotik

Esoterik

Existenzialität

Experiment

Exzentrik

Ferne

Form

Frequenzspektrum

Friedfertigkeit

Gehalt

Geschlossenheit des Ausdrucks

“Geschmack”

Geschwindigkeitsrausch

Glaubhaftigkeit

Härte

Harmonik

“Hipness”

Historismus

Hitpotential

Humor

Illusionismus

Imitation

Indifferenz

Informationsdichte

Innovation

Inspiriertheit

Instrumentierung

Inszenierung

Intensität

Image

Imitation

Improvisation

Ironie

Jugendlichkeit

Klangfülle

Klassizismus

Komik

Kommerzialität/Antikommerzialität

Komplexität

Komposition

Konsonanz/Dissonanz

konzeptionelle Stimmigkeit

Kostümierung

Kraft

Kritik

Kult

Lautstärke

lebensweltliche Anbindung

“Liebenswürdigkeit”

Literarizität

Live-Präsentation

Live/Studio-Atmosphäre

Meditation

Melodik

Monotonie

Moralität

Motivik

Motorik

Mythos

Negativität

Nervosität

Originalität

Orthodoxie

Parodie

Pentatonik

Phrasierung

Plagiat

Plattenhüllengestaltung

politisches Engagement

Präsenz

Präzision

Preßqualität

Programmatik

Psychedelik

Publikumseinbezug

Purismus

Räumlichkeit des Klangs

Rausch

Realismus

Reduktion

regionale Eigenheit

Religiosität

Repetition

Rhythmik

Romantizismus

Satire

schöner Schein

“Schönheit”

“schwarze/weiße” Musik

Selbstreflexion

Sexualität

Sound

Soundeffekte

Spielfreude

Steigerung

“Stil”

Stilallusion

Stilisierung

Stimmung

(instrumententechnisch und emotional)

Strophenform

Styling

Swing

Synästhesie

Tanzbarkeit

technische Fertigkeiten

Technizismus

Tempo

Text

Text-Musik-Verhältnis

Traditionalismus

Trance

Übertreibung

Unmittelbarkeit

Unrast

Ursprungsdenken

Variation

Verfremdung

Verzerrung

Verzweiflung

Vielschichtigkeit

Virtuosität

Vitalität

Vortrag

Vortragsstil

“Wohlklang”

Zeitbezug

Zerfahrenheit

Zitat

Zusammenspiel

etc., etc.

Mag die Aufstellung auch noch so disparat sein, so zeigt sich doch, wie weitgespannt der Kosmos der Popmusik ist. Brächte man Vollständigkeit und Ordnung in dieses Gewirr, entstünden die Voraussetzungen, den popgeschichtlichen Kanon um das zu ergänzen, was ihm Positivismus und Soziologie vorenthalten…


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von Johannes Ullmaier

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