Pop-Denker (II)
Die zur Zeit in linksradikalen Zusammenhängen kultivierte Haltung, innerhalb des “Systems Popkultur” könne es keine dissidente Haltung geben, die nicht selber wieder Teil der Kulturindustrie sei, weshalb Popkultur als Ort von Befreiungskämpfen bis auf weiteres ausscheide, liest sich zunächst recht flott, ist aber bei näherer Betrachtung ebenso borniert, wie sie handlungsunfähig macht. Da wird mit großkotziger Geste einfach weggewischt, daß konkrete Menschen mit konkreten Hoffnungen und konkreten Schicksalen in das System Popkultur verstrickt sind. Nach wie vor bietet Popmusik für Aufwachsende die erste Gelegenheit, die von außen verordneten Erziehungsinstanzen, zum Beispiel Eltern oder Lehrer, grundlegend in Frage zu stellen und so eine Entscheidungsstruktur herauszubilden, welche die fatale Abfolge von Birth, School, Work, Death durchbrechen könnte.
Christoph Gurk, in: »Spex« (10/95), S. 42.
Denker und Denkerinnen im Kontext von Pop und Populärkultur versuchen das Spannungsfeld von Kultur und Konsum, von Life style und eigenem Leben, von Öffentlichkeit und privater Welt mit “künstlerischen Strategien” zu beleuchten.
“Der Umgang mit der (relativen) Freiheit in der Wahl der Themen und Formen”, so Tom Holert, der in der Zeitschrift “Spex” (7/95) über die Ästhetik von Cultural Studies schreibt, “erfordert neuartige, ‘künstlerische’ Strategien. Künstler waren früh dazu gezwungen, mit dem Zusammenbruch des akademischen Gattungssystems in der Moderne zurechtzukommen. Kubisten, Dadaisten, Konstruktivisten, Surrealisten, Situationisten usw. konfrontierten sich nicht nur mit der Tradition der Kunstgeschichte, sondern mit der Welt da draußen und da unten. Einige der besten frühen Analysen (und Zelebrationen) des Großstädtischen stammen von den Futuristen oder von Fernand Léger. Für den Kunsthistoriker Benjamin Buchloh war es ein bildender…