Gerhard Johann Lischka und Peter Weibel
Polylog
Für eine interaktive Kunst
Umwelt
Lischka: Das erste, was uns bedingt, um das wir in keiner Weise herumkommen, was uns auch formt, ist die Umwelt. Nur das Problem bei dem Wort Umwelt ist, was ist denn die Umwelt, wenn diese heute großteils aus Immaterialien besteht, die uns bewußtseinsmäßig (was natürlich auch das Unbewußte einschließt) fest im Griff haben. Diese Immaterialien sind, anders ausgedrückt, der Prozeß der Mediatisierung, der in unaufhörlicher Selbsterneuerung, rund um die Uhr, als globaler Informationsfluß uns beherrscht.
Weibel: Auch ich gehe davon aus, daß wir zuerst einmal vom Biotop als primärer Umwelt reden müssen. Die moderne Topologie lehrt uns aber, daß der Raum nicht ohne Körper und der Körper nicht ohne Raum existiert. Sie nennt dies das Prinzip der Konnektivität. Auch in der organischen Lebewelt ist bereits eine idealistische Trennung der Monaden nicht möglich, sondern herrscht eine Ganzheit, die natürlich nur aus Teilen gedacht werden kann. Wegen dieser Konnektivität ist ja eine Trennung zwischen Innen und Außen, zwischen Organismus und Umwelt, wenn überhaupt, nur flexibel möglich. Wenn das Auge, wie Goethe sagt, sonnenhaft ist, dann bedeutet das, daß das Innere der Organismen strukturell die äußere Umwelt nachbildet. René Thom, der Begründer der Katastrophentheorie, geht sogar so weit, zu behaupten, daß auch die abstrakten Formalismen der Mathematik biologischen Prozessen entsprechen. Deswegen sagt er: “Die Stimme der Realität ist im Sinn des Symbols.” Es gibt eine fast isomorphe Wechselwirkung zwischen System und Umwelt, sozusagen zwischen innerer Umwelt (Organismus) und äußerer (Umwelt). Technologie als Exteriorisation, als Umwandlung…