Ronald Berg
Politik der Bilder
Wie Kunst mit Politik zu tun haben kann, zeigt Jacques Rancière, ehemals Professor für Philosophie und Kunsttheorie in Paris, mit diesem Buch. Ein Regime regelt die Beziehung zwischen dem Sagbaren und dem Sichtbaren, es bestimmt, was gemalt oder auf der Bühne gesagt werden darf. Es bestimmt also über die Angemessenheit der Darstellung gegenüber dem Genre. Die ausgestochenen Augen des Ödipus etwa waren galten noch Corneille auf der Bühne als undarstellbar. Aber das Reglement es Regimes kann sich im Laufe der Geschichte ändern. Rancière erinnert daran, daß im 19. Jahrhundert das Ästhetische der Mimesis den Rang abgelaufen hat. Seitdem regelt sich das Darstellbare der Kunst nach den Gesetzen der Produktion und der Selbstdarstellung. Dies hat sich im realistischen Roman vorbereitet, indem die Ähnlichkeit sich vom Zwang zur Repräsentation löste. Alles wird gleich bildwürdig, alle Dinge sind in der gleichen Weise darstellbar. Flauberts Ausspruch “Yvetot kommt Konstantinopel gleich” bringt es auf den Punkt.
Die Beziehung von Wort und Bild, um die es bei “Le destin des images” (so der französische Titel von 2003) geht, ist also bestimmt durch einen Diskurs, der sowohl Literatur als auch die bildende Kunst durchdringt und formiert. Er fungiert als normierende Kraft. Das war und ist das Schicksal der Bilder.
Als Theoretiker begibt Rancière sich somit in die Nachfolge von Michel Foucault, der die Mechanismen des Regimes in seiner “Ordnung des Diskurses” beschrieben hatte. Rancière bezieht Foucaults Aussagen auf das Feld der Kunst. Die “Politik der Bilder” ist also eine, die im Diskurs geregelt wird, an…