Stefan Morawski
Polemische Reflexionen über die Postmoderne
Es gibt mindestens drei Varianten der Postmoderne, und zwar eine sozio-kulturelle, eine künstlerische und eine philosophische. Sie sind untrennbar miteinander verwoben, wie die Versuche der Kritiker und Kunsttheoretiker, diesen Begriff zu klären, deutlich werden lassen. Diese Versuche sind zwar bisher gescheitert, aber sie sind symptomatisch, insofern sie sich, um den Wandel begreifen zu können, der sich Ende der 70er Jahre vollzogen hat, auf die typischen auf sozio-ökonomischen und politischen Veränderungen basierenden Phänomene der heutigen Zeit beziehen müssen und darüber hinaus auf die spezifische, im Post-Strukturalismus verkörperte Geisteshaltung. Der Begriff Postmoderne ist zweifellos elegant, andererseits natürlich etwas verschwommen, wie so häufig im Bereich der Geisteswissenschaften. Dies mindert jedoch keineswegs die Bedeutung all der Phänomene, die er abdeckt. Das ist für jegliche kulturelle Spannung und intellektuelle Verwirrung symptomatisch. Man spürt intuitiv, daß das, was bisher in unserer Kultur vorherrschte, nunmehr im Begriff ist, neuartigen Entwicklungen mitsamt ihren Auswirkungen Platz zu machen. Ob diese Entwicklungen wirklich so neuartig sind und die Bezeichnung, die wir verwenden, um sie in unbeholfenen und widersprüchlichen Definitionen festzumachen, überhaupt einen Sinn hat, ist gar nicht so sicher.
1. Wider die Uminterpretation der Moderne
In der Kunst hat der Begriff der Postmoderne eine kurze, aber höchst lehrreiche Geschichte. Sie ist recht aufschlußreich, insofern es 30 Jahre hindurch unterschiedliche und – direkter gesagt – einander widersprechende Darstellungen dazu gegeben hat. Detailliert beschrieben wurde die Geschichte seiner semantischen Abenteuer von M. Kohler in Postmodernismus. Ein begriffsgeschichtlicher Überblick, in: “Amerikastudien”, Bd. 22, 1977, und von Hans Bertens in…