Claudia Posca
Platino
Westfälischer Kunstverein, Münster, 12.2. – 4.4.1993
Mit dem um 1979 begonnenen und sieben Jahre als Lebens- und Arbeitsraum dienenden “Red Space I” hatte Platino (geboren 1948) in radikaler Weise Wahrnehmung als konstituierende Teilhabe am Dingzusammenhang der Welt thematisiert. Zudem hatte das Projekt das Sehen von Wirklichkeit überhaupt sowie die Tätigkeit der Dinge untereinander befragt. Realisiert wurde ein vollständig rot ausgemalter Raum, zu dem sich das bis auf wenige elementare Dinge reduzierte Mobiliar ebenfalls durch Rotfärbung kontinuierend verhielt. Raum- und Dingwelt erschienen in der farblichen Vereinheitlichung nicht länger strikt getrennt und voneinander ablösbar, sondern zeigten sich in einem beständigen Austausch untereinander und im dadurch bedingten steten Wandel ihrer Formgestalt begriffen. So wurde das Anliegen Platinos, die Welt in Abhängigkeit vom Sehen des Betrachters zu zeigen, mit “Red Space I” zum gelebten und zu erlebenden Kunstwerk, in dem der Raum, die Dinge, Künstler und Betrachter gleichermaßen ursprünglich ihren Anteil am Kontinuum des Seins erfuhren.
1982 beginnt Platino die im roten Raum erfahrenen Sicht- und Empfindungsweisen fotografisch zu dokumentieren. Es entstehen Abzüge, die, wenn überhaupt, nur schemenhaft Dinge und räumliche Kontexte erkennen lassen. Dominant vor allem ist die durch das Rot erzielte Totalität, die sich als auch bildliches Kontinuum vermittelt.
In der vom Westfälischen Kunstverein, Münster, nunmehr präsentierten und von einer Auswahl kleinerer Fotografien aus dem “Red Space I” begleiteten Ausstellung der neuen Cibachromeabzüge Platinos, die ab 1985 sämtlich in einer anderen, nicht mehr durch farbliche Gestaltung definierten Räumlichkeit entstehen, ist das Interesse Platinos am Verhältnis bzw. Dialog und Streit der Dinge untereinander sowie…