CLAUDIA HERSTATT
Plastik, Plüsch und Politik
“Reflexe der 70er Jahre in der Gegenwartskunst”
Städtische Galerie Nordhorn, 22.11.2003 – 25.1.2004
Wenn junge Künstlerinnen und Künstler eine Zeit reflektieren, für ihre Arbeit nutzbar machen, in der sie teils gerade mal geboren wurden, wirft das viele Fragen auf. Wie können da ein Lebensgefühl, eine Befindlichkeit, auch künstlerische Haltungen neu aufgeladen und vorwärts bewegt werden, ohne in die Falle der Verklärung, der Missverständnisse und des Kitsches zu geraten. Die 70er Jahre bieten Klischees zuhauf. Oder soll man sagen Mythen? Am “Mythos RAF” arbeiteten erst mit Unterstützung öffentlicher Gelder und nun nach deren Entzug auf sich allein gestellt die Berliner Kunst-Werke. Der dort möglicherweise auch provozierte Radau um die Terrorismus-Ikonen Baader, Ensslin, Meinhoff muss eigentlich gar nicht sein, um das Zeitphänomen sozusagen mit dem Blick in den Rückspiegel aber dem Fuß auf dem Gaspedal in die Jetztzeit zu befördern. In der Städtischen Galerie Nordhorn, also ganz am Rande der Republik und nicht in der Hauptstadt ist ein solches Unterfangen ohne großes Aufsehen mehr als gelungen: Plastik, Plüsch und Politik heißt die von Roland Nachtigäller kuratierte Ausstellung, die mal wieder beweist, was in der Provinz leistbar ist.##### Das Entree des von Stephen Craig gestalteten ständigen Ausstellungs-Pavillons ist sozusagen ein flackerndes Vorsatzblatt zu dem Unternehmen. Borre Saethre, 1967 geboren, hat ein Wabensystem aus sechseckigen Elementen gebaut, die in unregelmäßigen Abständen aufleuchten. Das hat zunächst eine Anmutung von Disco, ist aber so intelligent geschaltet, dass der Betrachter dem Code der aufblitzenden rosa Lichter nicht auf die Schliche kommt; kaum scheint…