Guan Yi
Plädoyer für eine chinesische Geschichtsschreibung
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
Fotos: Karsten Faßbender
Guan Yi, 1966 geboren, in Peking lebend, managte nach seinem Studium der Petrochemie zusammen mit seinem Vater und Bruder ein Petrochemieunternehmen, bis er 2005 beschloss, Sammler zu werden. Heute ist er wohl der wichtigste chinesische Sammler chinesischer Gegenwartskunst. Dabei eine Art Privatintellektueller, der Überlegungen über das Chinesische ebenso anstellt, wie darüber, wie eine chinesische Kunstgeschichtsschreibung angelegt sein müsste, die ihren eigenen Weg einschlägt, statt sich von der westlichen Vorschriften machen zu lassen. Heinz-Norbert Jocks traf den Mann, der ganz beiläufig seine Interpretation von Sartres „Das Sein und das Nichts“ liefert, in seinem von Kunst überfüllten Ausstellungsraum. Einen Eindruck von diesem vermitteln auch die Seiten seiner Website „www.guanyu.org“.
H.-N.-J.: Als Sammler scheinen Sie eine starke Beziehung zum Raum zu haben?
G.G.: Oh ja. 1997 machte Hans van Dijk eine für China sehr wichtige Ausstellung mit dem Titel „Die bewegende Stadt“. Zum ersten Mal wurde da der Raum in einer Ausstellung thematisiert. Das war vor zehn Jahren. Inzwischen sind sowohl die Thematik als auch die Beziehung zum Raum ein wichtiger Bestandteil in der internationalen Praxis der Gegenwartskunst geworden. In einer darüber geführten Unterhaltung mit Hans van Dijk wies ich auf den französischen Architekten Yona Friedman hin, der solche Raumkonzepte längst entwickelt hatte, und auch auf den Philosophen Henri Lefèvre, der den Marxismus mithilfe seines Raumbegriffes interpretierte. Wegen meiner Vorliebe soll dieses Phänomen, also die Geschichte und die Realität von Räumen auch in dem internationalen Teil meiner Sammlung eine große Rolle…