Johannes Meinhardt
Pierre Soulages
Ölbilder und Radierungen
Hans-Thoma-Gesellschaft, 6.9.1987 – 11.10.1987
In Zusammenarbeit mit dem Musée Saint Pierre in Lyon zeigte die Hans Thoma-Gesellschaft 17 Ölbilder kleineren und mittleren Formats, durchweg in ungewöhnlichen, langgezogenen Formaten, zum Teil als Polyptichon geordnet. Bis auf ein Gemälde von 1981 entstanden alle 1984 bis 1987; seit 1979 breitet sich PIERRE SOULAGES’ Schwarz über die ganze Fläche aus, ohne jede farbliche Differenzierung oder Tondifferenz. Die schwarze Fläche wird durch breite Rakelbahnen (10 – 25 cm), die sich energisch, flach und kaum oder nicht gekrümmt durch die Fläche ziehen, strukturiert; die Rakel sind gezahnt oder glatt, so daß sowohl gerippte, gerillte als auch flache, glatte Bahnen auftreten. Diese Bahnen zeigen keine Bewegungen, keinen Ausdruck, keinen Gestus und keine Hand; die Gemälde wirken wie Ausschnitte riesiger Texturen, ‘objektiver’ Gewebe ohne die Aspekte subjektiver Äußerung; kein Rahmen, keine Komposition, kein Zentrum, keine Grenzen. Das tiefe, materielle, und wie Harz halbtransparent und gläsern glänzende Schwarz (nur in zwei Gemälden wird in den Tälern der Rakelbahnen ein tiefes, darunterliegendes Blau sichtbar) ist in sich völlig homogen: Es ist nicht einfach nur Negation von Farbe, Negation sinnlicher Bestimmtheit, sondern eine spezifische Weise optischer Materialität (und, im Effekt, Immaterialität). Das Schwarz als glänzende, reflektierende Oberfläche enthüllt seine Textur durch Lichtbrechung: Was sich dem Blick verdeutlicht, ist das Licht selbst, im Rhythmus der Rippen der Rakelbahnen. Dadurch wird die ‘Objektivität’ der Gemälde, auch im Sinne ihrer Dinghaftigkeit, sehr stark; Soulages spannt seine Gemälde dementsprechend seit 1966 überwiegend frei im Raum (Raumteilern vergleichbar), was in Reutlingen…