London
Pierre Huyghe – Uumwelt
An den Rändern des Außer-Menschlichen
Serpentine Gallery
03.10.2018 – 10.02.2019
von Edgar Schmitz
Auf vier großformatigen LED Monitorwänden schwabern in der abgedunkelten Serpentine Bildmutationen, die zwischen Neuroästhetik und algorithmischen Mustern zögernd und stotternd immer nur fast greifbare Figurationen umspielen. Pierre Huyghe hatte einem Testsubjekt in einem Labor in Kyoto Bilder suggeriert, die dann maschinell aus dessen Gehirnströmen wieder abgelesen wurden. Was auf den Bildschirmen fluktuiert, sind Modellierungen bildlicher Annäherungen, synthetisiert aus den Fragmenten verfügbarer Datenbanken, mit denen so etwas wie ein komplexer Algorithmus heutzutage Kompetenzen aufbaut und maschinell lernt.
Die maschinelle Dimension der Ausstellung ist komplex und arbeitet mit den avanciertesten Modellen, dominiert aber nur bis zu dem Punkt, an dem sich haptisch und / oder akustisch die Fliegen aufdrängen, mit denen sich die Arbeiten und ihr Publikum den Raum teilen. Im Schnitt 50000 dieser Kreaturen bevölkern für die Ausstellungsdauer die Räume mit, und gesellen sich als parallele Lebensund Intelligenzformen zum Algorithmischen der Bilderproduktion wie auch zum Menschlichen seiner weiteren Verarbeitung als Kunstangebot.
Huyghe inszeniert derartig entgrenzte Mikro-Ökotope provokativ als Nivellierungen des ehemals zentralen Menschlichen – Ausstellungen sind für Huyghe schon lange nur noch als komplexe Feedback-Situationen zu verstehen, in denen sich menschliche und nicht-menschliche, historische wie auch geologische und biologische Agenten und Bedingtheiten miteinander austauschen, aufeinander einwirken und sich gegenseitig formen. Auch in UUmwelt sind Bildervorgaben und ihre kognitive Umsetzung, maschinelles Einlesen und die Re-Kodierung dieser Spuren als Bildmaterial, nur ein Teil der Vernetzung; die Fliegen reagieren auf die gelbe Beleuchtung, die damit nicht nur metaphorisch, sondern auch biologisch als Inkubator…