Martin Blättner
Picassos Badende
Staatsgalerie Stuttgart 18.6.2005 – 16.10.2005
Picasso zu kennen glauben heißt, ihn nicht wirklich verstanden zu haben. Der Inbegriff des modernen Künstlers entzieht sich mit einem ebenso innovativen wie widersprüchlichen Werk jedem einengenden Zugriff. Die kunstgeschichtlichen Hinweise auf die blaue, rosa und klassizistische bis surreale Periode und weiterfolgende Phasen bleiben letztlich ein unzulänglicher Versuch, sein Werk stilistisch in den Griff zu bekommen. Denn immer wieder entzog sich der Spanier mit dialektischen Sprüngen und Wandlungen der Festlegung auf ein formal durchgängiges “Konzept”. Picasso war kein stringenter Finalist, der nach Perfektion um jeden Preis suchte, er war wohl andererseits auch kein beliebiger Stilpluralist, der sich nach Lage und Laune verschiedenste Ansätze zu eigen machte, sondern er erschuf in einer permanenten Metamorphose jedes Bild neu, auch wenn das Bildzitat für ihn ein legitimes Mittel der Umdeutung war.
Aus dieser Sicht erscheint es etwas riskant, Strandmotive und “Badende” aus dem Werk für eine Ausstellung heraus zu filtern, auch wenn es richtig ist, dass derartige Bildszenen bei Picasso selten etwas mit der oberflächlichen Leichtigkeit des Seins zu tun haben und im Werk wie selbstverständlich involviert sind. Das thematische Beziehungsgeflecht ist vor allem in der surrealen Phase vieldeutig und verschlüsselt. Zumindest diskussionswürdig, manchmal aber auch irritierend ist das Konzept dieser Ausstellung, Picasso mit Werken jener Künstler-Kollegen zu konfrontieren, die ihn inspiriert oder zu einem Bildmotiv verleitet haben sollen. Der ahnungslose Besucher hält womöglich zum Beispiel den “Großen Akt” (1908) von Georges Braque für einen (unausgegorenen) frühkubistischen Picasso, weil er im gleichen Raum zwischen Picasso-Originalen das Titelschild…