Fotografie als Fotografie
Philippe Dubois’ Versuch über ein theoretisches Dispositiv
Was ist eigentlich eine Fotografie? Auch fast 160 Jahre nach Erfindung des Mediums kann diese Frage durchaus noch mit Berechtigung gestellt werden und zu ebenso neuen wie grundlegenden Erkenntnissen führen, wie Philippe Dubois in seiner Abhandlung “Der fotografische Akt” beweist. In dem 1983 erstmals in französischer Sprache erschienenen und jetzt endlich auch auf deutsch vorliegenden Buch geht es einmal nicht um die “Erfindungsfrage”, um die verschiedenen chemischen Möglichkeiten der Bildentwicklung oder die technischen Finessen der Apparate. Ebensowenig widmet sich der Autor deren Resultaten – etwa in Form einer (neuen) Bildergeschichte der Fotografie.
Dubois verlagert die Frage nach der Fotografie vielmehr auf ein Niveau, das exakt zwischen diesen traditionellen Diskursen über das Medium liegt. Sein Thema ist der “fotografische Akt”: Er analysiert, was eigentlich passiert, wenn der Fotograf auf den Auslöser drückt, um ein Foto zu machen. Ausgehend von dieser Frage entwickelt er ein theoretisches Dispositiv des Mediums Fotografie, das diese als eine eigene, weder der Bildenden Kunst noch den “Neuen Medien” zugehörige Kategorie definiert. “Was die Analysen von Philippe Dubois für die zeitgenössische Mediendiskussion so grundlegend macht, ist gerade, daß er sich der herkömmlichen Kategorisierung und Einordnung fotografischer Bilder entledigt. Er leistet den Versuch, das Medium aus sich selbst heraus zu beschreiben: fotografisch die Fotografie zu verstehen,” schreibt Herta Wolf im Vorwort.
Systematisch führt Dubois den Leser an die Problemstellung heran. So geht er zunächst vom Naheliegensten aus, dem, was man auf den Fotografien sieht oder zu sehen glaubt. “Von der Wirklichkeitstreue zum Index”…