Philippe Cazal: Das Marken-Bild
Von Jérôme Sans
Identität als Vervielfältigung
Philippe Cazal spricht von einer neuen Identität unserer heutigen Welt. Einer Identität, die vom Spezifischen zum Vervielfältigten übergegangen ist. Einer Identität, die sich in einem gigantischen kollektiven Wesen aufgelöst hat – in einem sozialen Wesen. Der Mensch existiert nur noch in und durch die Gruppe. Die Auflösung des Individuums wird noch beschleunigt durch die Einführung der neuen Technologien, die eine Distanzierung bewirken und damit ein neues Bedürfnis nach Zusammenschluß. Der heutige Mensch kann von seinem Heim aus direkt, ohne sich fortzubewegen, mit der ganzen Welt kommunizieren.
Die Identität ist heute eher ein vages Konzept mit wenig festgelegtem Profil (Geschlecht, Lebensstil, Ideologie…), eine numerische Identität, die sich eher aus der Gesamtheit der Zugehörigkeitspapiere (Sozialversicherung, Politik, Sport…) als aufgrund innerer Besonderheiten des Einzelnen ergibt. Eine gesellschaftliche Bühne, wo der Mensch gleichzeitig Zuschauer und Schauspieler einer Gesamtaufführung ist, in der seine Rolle darin besteht, die Grenzen der sozialen Spielregeln einzuhalten.
Ein Image bilden
In diesem Theatrum mundi, wo die Welt im Rampenlicht auftritt, spricht Philippe Cazal von der neuen, unumgänglichen und paradoxen Notwendigkeit, sich ein eigenes Image zu schaffen und zu erhalten, um zu existieren. Ein Markenzeichen. Die Medienwelt hat diese Entwicklung ausgelöst. Das Bild, vergleichbar mit Medien und Konsumprodukten, hat unvermeidbar eine kurze Lebensdauer. Sie wird immer kürzer, denn ein Bild verdrängt unweigerlich das nächste im Magma des Alltags. Eine ständige und fortschreitende Zersplitterung in der Überfülle. Die Bilder befinden sich in einer kritischen Situation: der Schwäche, des Notstands. Die Bilderflut schwemmt alles fort. Um der Zeit, dem…