Konrad Becker
Phänomenologie der Synthese
»What you hear is what you get,
but you get what you hear«
(Prof. Reiner Lärm).
Das interaktive Gewebe unserer kulturellen Organisation wird in zunehmendem Maße als Simulation erklärt. Dieser Begriff ist wohl nicht erst in einer von Computertechnologie geprägten Gesellschaft von Bedeutung, sondern scheint ein Schlüssel zu den verschiedenartigsten Ausprägungen kultureller Identität. In diesem Zusammenhang erscheinen kulturelle Kontinuitäten bzw. Synchronizitäten von Interesse, die sich als (rote?) “Fäden” durchs Raumzeitkontinuum schlängeln. Nimmt man das Bild eines kulturellen Nervengeflechts, an dessen Kreuzungen und Synapsen sich quasizufällige Wirklichkeitsentstehungen in symphathetisch, interaktiven Mustern immer aufs neue herausbilden, erscheinen die Grenzen der Zufälligkeit dieser selbstähnlichen Muster von besonderer Attraktivität. Untersucht man die Kreuzungspunkte dieses Systems von Informationskanälen, so stößt man auf den Begriff der Trivialität.
Das Wort “trivial”, in einem Quasi-Esperanto als Kreuzungspunkt von (mindestens) drei Wegen zu deuten (tri via), also einem traditionell um Mitternacht verrufenen Ort, an dem die Geister beschworen wurden, hat sich im deutschen Wort “Allgemeinplatz” erhalten.
Ein triviales Beispiel einer kulturellen Kontinuität/Synchronizität zeigt sich anhand des Öl/Wasser-Komplexes: Der reisende Pilger aus geschichtlicher Zeit “bedankte” sich an den besonders gekennzeichneten (sakralen) Stationen seiner Reise mit Opferungen von Ölprodukten und versorgte sich mit “geweihtem” Wasser, während heute der zeitgenössische Reisende sein Automobil an fast denselben Stellen, den totemhaft geschmückten “Tankstellen”, “betankt” und mit Wasser und “peumatischem Service” versorgt. In einem beunruhigend engem Zusammenhang finden wir dann noch den “Butterberg” der EWG, den neutestamentlichen “Ölberg”, Tannhäusers “Venusberg”, den nachsintflutlichen “Ölzweig”, die “Ölkrise” und weiß der Teufel was für fremdartige und…