Uta M. Reindl
Peter Zimmermann
Galerie Tanja Grunert, 13.10.-13.11.1989
Den Blick auf den ästhetischen Reiz des banalen Konsumobjekts eröffnete Marcel Duchamp, später die Popkunst, um dieses mit Distanz zum Kunstwerk zu erheben. Buchcover und Küchentücher sind Gegenstände in den Bildern Peter Zimmermanns bei Tanja Grunert, doch kreist die Auseinandersetzung hier nicht um den ästhetischen Wert des ansonsten auf den Gebrauchswert reduzierten Alltagsobjekts: Es geht um eine Art von Realkunst, die den Wahrnehmungsakt entlarvt, und um die Übersetzung von Realität in die Abstraktion.
Die im ersten Moment anamorphotisch anmutenden Darstellungen von Buchklappen-Texten entzerren sich bei verändertem Standpunkt nicht, wie das bei Anamorphosen der Fall wäre. Erst dann wird deutlich, daß die gekippt dargestellten Schriftzüge genau in der Verkürzung auf die Leinwand gebracht sind, wie wir sie erleben würden, wenn unser Gehirn die Wahrnehmung nicht anders sortieren würde. Angenommen, ein Buch liegt vor uns auf dem Tisch, so wird diese Vorlage in der Weise rezipiert, als hätten wir es aufrecht vor unseren Augen. Zimmermann erfaßt die Verkürzungen exakt, wie sie in unserer Wahrnehmungsselektion verdrängt werden.
Das karierte Stück Stoff erhält auf der Leinwand, in starker Vergrößerung übertragen, die materialimmanente Eigenschaft: Die Linien verlaufen in der dem Gewebe entsprechenden Bewegung, die Materialität des Tuches wird simuliert. Allerdings bleibt die Simulation statisch, es geht nicht um die Eigendynamik des Tuches, wie etwa in James Wellings Fotografien von weich fließenden Edeltuchen. Der Stoff in den Arbeiten Peter Zimmermanns wirkt wie auf eine glatte Fläche verteilt oder gar wie auf den Rahmen gespannt: Die Karos sind im Unterschied zu den…