Johannes Meinhardt
Peter Roehr
Galerie Mueller-Roth, 1.9.-30.9.1989
Peter Roehr, der 1968 mit 24 Jahren starb, hinterliess ein Werk, das einem unaufmerksamen Blick formal und in seiner Bandbreite extrem beschränkt oder, unter einem etwas anderen Blickwinkel, von radikaler Rigidität erscheinen mag: Seine Arbeiten sind alle durch dasselbe formale und äusserliche Verfahren, durch die zu einem Raster geordnete additive Reihung immer derselben einfachen Elemente hergestellt. Auf der begrifflichen Ebene sind diese Arbeiten völlig konzeptuell, erschöpfen sie sich in ihrer Methode der Erzeugung. Peter Roehr selbst formulierte den Vorrang der methodischen Erfindung: “Erfundene Bilder sind, wenn sie gedacht werden, schon erfunden. Die Realisierung ist der zweite Teil des Entstehungsprozesses.” Diese Arbeiten sind vollständig einsehbar: Ihre Herstellungsregel, die selbst auf der unerschütterlichen Evidenz der `natürlichen’ Zahlenreihe beruht, auf der formalen und definierenden Identität der gezählten Einheiten, gibt sich ohne weiteres zu erkennen. Herstellungsregel, ausgeführtes Produkt und erkennende Wahrnehmung sind anscheinend so weitgehend kurzgeschlossen, dass kein Moment von ungeklärtem oder mehrdeutigem Sehen mehr sich zwischen Erfindung und Erkennen der Methode oder Regel zu schieben scheint.
Doch gerade weil diese Arbeiten einen sichtbaren und diskursiven Überschuss gegenüber der blossen Methode zeigen, sind sie – im Gegensatz zu so viel langweiliger konkreter und konzeptueller Kunst – auch heute noch interessant: Die Ausgangsmaterialien sind bei Peter Roehr nie nur beliebige entwertete Elemente, sondern schaffen eigene, kritische oder reflexive Kontextebenen; genauso verfährt die Wiederholung oder Iteration identischer Elemente nie nur äusserlich und quantitativ, sondern schafft visuelle Doppeldeutigkeiten und Umschlagsphänomene, die erst im Sehen und in der Zeit des Sehens (die nicht die…