Peter Friedl, Künstler
Peter Friedl, geboren 1960, ist Künstler und lebt in Berlin und Italien. Seine 2006 vom Museu d’Art Contemporani de Barcelona organisierte Retrospektive Work 1964–2006 war auch 2007 in MAC Marseille und MAC Miami zu sehen.
Wichtige Ausstellungsbeteiligungen: documenta 10 (1997) und documenta 12 (2007), Manifesta 7 (2008), La Triennale, Paris (2012), sowie verschiedene Biennalen (Berlin, Gwangju, São Paulo, Sevilla, Shanghai, Taipeh, Tirana, Venedig).
Raimar Stange: Gibt es für dich Kriterien, die die Qualität von Kunst bestimmen können?
Peter Friedl: Es muss sie geben, wie wären sonst unsere ständigen Urteile, Vorlieben, Ausgrenzungen und Vergesslichkeiten erklärbar? In Aristoteles’ Kategorienlehre heißt „Qualität“ soviel wie Beschaffenheit. Dafür führt er verschiedene Merkmale an, unter anderem die Ähnlichkeit: Ähnlich ist eines dem anderen nur aufgrund seiner Qualität. Für die Qualität von Kunst gibt es aber keine ISO- oder DIN-Norm, sie bleibt gern unfassbar, irrlichtert immer irgendwo vage zwischen subjektiven und objektiven Kriterien herum. Trotzdem funktioniert sie jeden Tag als Kampfbegriff. Die bloße Berufung darauf genügt, um Urteile zu fällen und mitunter weitreichende Entscheidungen zu treffen, insbesondere im Feuilleton, oft ohne jede weitere Begründung. Und wenn es doch Begründungen gibt, müssen sie sich auf höhere Macht, Autorität, Erfahrung und ähnliche Verstärker stützen. Émile Benveniste, der Linguist, meinte zu den Kategorien des Aristoteles, dass sie ganz von den Strukturen und Kategorien der (griechischen) Sprache abhängig seien. Das gilt aus meiner Sicht auch für die Qualitätskriterien, die immer in irgendeiner Sozialgeschichte und der dazu passenden Sprache eingebettet sind. Was mich betrifft, verteidige ich ganz egoistisch meine Sonderrechte. Ich möchte…