Martin Blättner
Peter Chevalier
Bilder und Zeichnugen 1988-1997
Galerie der Stadt Stuttgart, 30.9. – 30.12.1997
Wer fürchtet sich vor dem neugeborenen Zyklopen? Der Maler Peter Chevalier datierte die “Geburt des Zyklopen” in das Jahr 1988. Ein Schicksalsjahr des Künstlers. Mehrfach widmet er sich diesem Motiv, ehe er sich dem nicht weniger schauerlichen Zyklus UMM DOMA im gleichen Jahr zuwendet – weiterhin handelt es sich um Portraits meist einäugiger Monstergestalten, die sich vor düsterem Hintergrund mit seltsamen Absichten und Gebärden hervortun. Von deutbarer Mimik läßt sich bei diesen eigentlich gesichtslosen Wesen kaum sprechen. Die Odysseus-Sage berichtet ja sehr anschaulich von den kaum friedlichen Taten eines Poseidon-Sprößlings: Die grausame Blendung mit dem glühenden Pfahl konnte offenbar noch Schlimmeres verhindern. Auch wenn das Bildnis des Zyklopen Pate gestanden haben mag, das Odilon Redon bereits vor der Jahrhundertwende auf die Leinwand bannte, so markiert das Jahr 1988 dennoch einen bedeutenden Wandel im bildnerischen Werdegang Chevaliers: Die teils narrativen und symbolbeladenen Darstellungen der früheren Jahre – die in der Stuttgarter Ausstellung bewußt nicht gezeigt werden – traten zugunsten bildmächtiger Sujets in den Hintergrund. Mit der “Geburt des Zyklopen” beendete Chevalier die Auseinandersetzung mit historischen Vorbildern auf einer Ebene, die eher allegorischer Natur und inhaltsbetont war, um einer mehr direkten malerischen Behandlung größeren Spielraum zu lassen. Der assoziativ-träumerische Malprozeß entwickelte sich einerseits konsequenter in Richtung einer surrealistischen Automatik, wie sie wahrscheinlich André Breton befürwortet hätte, andererseits – und das läßt sich jedenfalls nicht gänzlich ausschließen – hat da wohl auch der Malrausch der achtziger Jahre seine Spuren hinterlassen….